WILL SMITH ÜDER »DAS STREBEN NACH GLÜCK«

»ES GEHT NICHT UM GELD«

Will Smith erklärt uns »Das Streben nach Glück« und warum Geld allein nicht glücklich macht


Die Kritik zum Film

Mr. Smith, Sie sind es gewohnt den Helden zu spielen. Welchen Unterschied macht es, wenn der Held aus dem echten Leben kommt?
Wann immer man in die Fußstapfen von jemanden tritt, fragt man sich, ob man wirklich hätte tun können, was die Figur geschafft hat. Die Arbeit an diesem Film hat mich oft verunsichert. Etwa in der Szene, in der Chris Gardner mit seinem Sohn in der Bahnhofstoilette übernachten muss. Während ich da so auf dem Boden saß, mit meinem Sohn auf dem Schoß, habe ich plötzlich gedacht: Genau an diesem Tag hätte ich aufgegeben. Wie Chris Gardner am anderen Morgen aufzuwachen, meinen Sohn in der Bahnhofstoilette zu waschen und zur Arbeit zu gehen - dazu wäre ich nicht in der Lage gewesen.
Glauben Sie an den "Amerikanischen Traum"?
Ich bin schwarz und gehöre in den USA einer Minderheit von 14 Prozent an. Mit der Bürgerrechtsbewegung in den 60ern hat diese Minderheit Gesetze verändert. In den meisten Ländern hätte eine 14-Prozent-Minderheit keine Chance gehabt, sich auf diese Art und Weise durchzusetzen. Dass Thomas Jefferson, der selbst Sklaven besaß, das Streben nach Glück in die Unabhängigkeitserklärung geschrieben hat, und dass ein Afroamerikaner wie Chris Gardner von diesem Recht profitiert - das ist die wunderbare bizarre Ironie der amerikanischen Idee.
Warum wird in dem Film das Thema Rassismus ausgeblendet?
Darauf hat Chris Gardner bestanden. Seine Philosophie ist: Wenn man Grenzen und Hindernisse anerkennt, gibt man ihnen Macht.
Wie fühlt es sich an, als einer der best bezahltesten Schauspieler Hollywoods einen Mann zu spielen, der seine Miete nicht bezahlen kann?
Eigentlich geht es hier nicht um Geld. Es geht um den täglichen Überlebenskampf, um die Schmerzen, die damit verbunden sind, und um die Sehnsucht, ein bestimmtes Leben führen zu wollen. Vater zu sein, einen Traum zu haben, das Gefühl, dass sich das Universum gegen einen verschworen hat - man muss nicht arm sein, um zu verstehen, was Chris Gardner durchgemacht hat.
Also ist das Streben nach Glück nicht notwendigerweise mit dem Streben nach Geld verbunden?
Nach Aristoteles setzt sich Glück aus vier Teilen zusammen: Gesundheit, Wohlstand, Selbstachtung und Hoffnung. Natürlich braucht man einen gewissen Grad an finanzieller Sicherheit, um Dinge wie Nahrung, Unterkunft und gesundheitliche Versorgung zu sichern. Aber darüber hinaus ist Geld keine große Hilfe zur Glücksfindung.
Waren Sie selbst mal pleite?
Da war ich gerade einmal 19 Jahre alt. Dann packt man seinen Rucksack zusammen und sucht nach einem neuen Weg. Wenn man Frau und Kind hat, sieht das natürlich ganz anders aus. Eine Frau in Bombay hat mir einmal gesagt: Die schlimmste Armut ist der Mangel an Ideen. Wenn man eine Idee davon hat, wie das eigene Leben aussehen soll, hat man auch einen Grund morgens aus dem Bett zu kommen.
Armut ist das Ergebnis von Ideenlosigkeit?
Man kann damit umgehen, ein paar Tage nichts zu essen zu haben, wenn man eine Idee hat, von der man denkt, dass sie funktionieren könnte. Es wird natürlich schwerer, wenn man mit seinen Ideen schon ein paar mal gescheitert ist. Wir haben einige Szenen in einem Obdachlosenheim gedreht, mit Menschen, die tatsächlich auf der Straße lebten. Und ich habe gemerkt, dass, wenn Leute einmal aufgegeben haben, es sehr schwer ist, sie zu etwas Neuem zu motivieren.
Warum haben Sie den Film mit Ihrem Sohn gedreht?
Meine Frau und ich dachten: Vom Filmbusiness verstehen wir beide eine ganze Menge, und das ist die perfekte Gelegenheit, sich als Eltern nützlich zu machen. Jaden ist ein ausgeglichenes Kind. Der Medien-Hype interessiert ihn nicht. Er will einfach seine Playstation spielen.
Sind sich Ihre Kinder ihrer privilegierten Situation bewusst?
Meine Tochter ist sechs Jahre alt und neulich hat ein Mitschüler zu ihr gesagt, dass sie reich sei. Sie hat das zum ersten Mal gehört und hat mich gefragt: "Papi, bin ich reich?" Und ich habe gesagt: "Nein, mein Schatz, du bist pleite. Papi und Mami sind reich."

Interview: Martin Schwickert