DAS STREBEN NACH GLÜCK
Niemals aufgeben
Wer arm bleibt, ist selbst schuld: Eine US-Sozialstudie
Einen Mann wie Chris Gardner muss man nicht erst zum Frisör schicken. Der Afroamerikaner, der sich Anfang der 80er Jahre vom Obdachlosen zum Börsenmakler hocharbeitet, ist ein Held der Arbeit wie ihn Hollywood und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck nicht besser hätten erfinden können. "Inspired by a True Story" ist im Vorspann zu lesen, und die unglaubliche Geschichte hat solche Authentizitätsbeteuerungen auch dringend nötig.
"Warum nicht gleich Astronaut?" erwidert seine Frau (Thandie Newton), als Chris (Will Smith) ihr eröffnet, dass er Börsenmakler werden will.
In der engen Wohnung stapeln sich nähmaschinengroße Röntgenapparate, die Chris im Auftrag einer Firma schon seit Monaten vergeblich versucht an den Arzt zu bringen. Die ganzen Ersparnisse sind in die Investition geflossen. Linda arbeitet in einer Wäscherei Doppelschicht, um die Familie über Wasser zu halten. Irgendwann hat sie einfach genug von den leeren Versprechungen ihres Mannes. Sie verlässt ihn und den gemeinsamen Sohn Christopher (Jaden Smith).
Dennoch hält Chris an seinem neuen Berufswunsch mit eiserner Beharrlichkeit fest. Er fängt als unbezahlter Praktikant in einem renommierten Broker-Büro an. Aber während er mit seinen Kunden am Telefon Investitionspläne schmiedet, gerät der alleinerziehende Vater immer tiefer in die Armutsspirale.
Die Wohnung wird gekündigt, das Finanzamt pfändet das Konto, und auch aus dem Billighotel werden sie irgendwann hinaus geworfen. Zwischen Kindertagesstätte, Büro und Obdachlosenheim rennt Chris tagtäglich hin und her. Ein verpasster Bus bedeutet eine Nacht auf der Straße.
Wir wären nicht in Hollywood, wenn so viel Engagement nicht mit einem Happy End belohnt würde. Das Problem von Das Streben nach Glück ist, dass man trotz aller Katastrophen, die über den Helden hereinbrechen, nicht eine Minute daran zweifelt, dass die Geschichte gut ausgeht. Schließlich spielt Will Smith die Hauptrolle, und der hat schon ganze Weltuntergänge verhindert.
Trotz aller Formelhaftigkeit und der rührigen Vater-Sohn-Aufstellung versickert die Geschichte nicht im Sozialkitsch. Vielleicht liegt das daran, dass der italienische Regisseur Gabriele Muccino (L'ultimo bacio) einen europäisch klaren Blick auf den Überlebenskampf in den USA hat. Er holt das harmonie- und hoffnungsbedürftige Publikum vor der Haustür ab, aber er zeigt auch, wohin die Reise geht, wenn die Demontage des Sozialstaates abgeschlossen ist. Und dass in Zeiten sozialer Verhärtung die Fähigkeit zur Illusion für den Einzelnen überlebenswichtig ist.
Martin Schwickert
Pursuit of Happyness USA 2006 R: Gabriele Muccino B: Steven Conrad K: Phedon Papamichael D: Will Smith, Thandie Newton, Jaden Smith
Das Interview zum Film
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