SCHRÄGER ALS FIKTION
Mein Leben als Buch
Will Ferrells Leben wurde von Emma Thompson erfunden
Eine Autorin, die an einer Schreibblockade leidet, hat normalerweise wenig mit einem drögen Steuerprüfer gemeinsam. Trotzdem kreuzen sich auf mystische Weise die Wege von Karen Eiffel (Emma Thompson) und Harold Crick (Will Ferrell).
Denn als der Staatsbeamte eines Morgens vor seinem Badezimmerspiegel steht, hat er plötzlich die Stimme der Schriftstellerin im Kopf - und wird sie nicht mehr los.
Mit poetischem Schwung und erstaunlicher Exaktheit beschreibt sie minutiös Harolds Tagesablauf und geht prophetisch auf zukünftige Ereignisse ein. Es ist zum Verrückt werden! Zumal dem Beamten bald bewusst wird, worauf die unheimliche Stimme hinaus will: Harold soll sterben, die Schriftstellerin weiß nur noch nicht wie. Mit der tatkräftigen Unterstützung des Literaturprofessors Jules Hilbert (Dustin Hoffman) setzt Harold alles daran, die publikumsscheue Autorin ausfindig zu machen, bevor sie tatsächlich die letzte Seite seines Lebens schreibt.
Marc Forster ist bekannt für seine leisen Geschichten. Der gebürtige Deutsche präsentiert sie mal tragisch wie in Monster's Ball, mal poetisch wie in Wenn Träume fliegen lernen, aber stets mit feinsinnigem Gespür fürs Detail. In Schräger als Fiktion wendet er sich nun ebenso einfühlsam seiner ersten Komödie zu. In ihr geht es nicht nur um Dichtung und Wahrheit, sondern unterschwellig auch um den Sinn des Lebens.
Eine geheime Stimme im Kopf klingt nach Was Frauen wollen und ähnlich bunten Possen. Doch Forster setzt das Element der inneren Stimme sparsam ein. Sein Humor fußt weniger auf den lyrischen Monologen der Schriftstellerin als den spitzen Dialogen seiner Protagonisten. Etwa wenn sich Harold - von seiner Ghostwriterin geleitet - an die anarchische Bäckerin Ana Pascal (Maggie Gyllenhaal) heranmacht. Sein hilfloses, weil arg angerostetes Buhlen um die Gunst der schönen Frau, ist ausgesprochen komisch.
Will Ferrell überzeugt und überrascht dabei gleichermaßen. Anders als zuletzt in The Producers oder Ricky Bobby fabriziert er diesmal keinen Krawall und keine Zoten. (Noch vor kurzem wäre die Rolle mit Jim Carrey besetzt worden, Ferrell als Nachfolger schlägt sich mehr als ordentlich).
Ferrell zur Seite steht eine nicht minder großartige Emma Thompson (Sinn und Sinnlichkeit). Die fahle, gebückte und kettenrauchende Autorin ist herrlich morbide und wunderbar britisch. Es ist eine Wonne, Thompson bei ihren emotionalen Qualen zuzuschauen. Daneben ist der Film auch in den weiteren Nebenrollen mit Dustin Hoffman und der aufstrebenden Maggie Gyllenhaal (World Trade Center; Secretary) erstklassig besetzt.
Schräger als Fiktion ist eine intelligente Komödie, die das Leben schrieb - oder umgekehrt.
Oliver Zimmermann
Stranger than Fiction. USA 2006, R: Marc Forster B: Zach Helm K: Roberto Schaefer D: Will Ferrell, Emma Thompson, Maggie Gyllenhaal, Dustin Hoffman; 97 Min.
Das Interview zum Film
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