»Die Siebtelbauern - Das Interview«
Anders Gepflügt
Regisseur Stefan Ruzowitzky über seinen Film
Die Kritik zum Film
Was hat Sie ausgerechnet am Heimatfilm gereizt? Stefan Ruzowitzky: Es ist der Versuch einer Neudefinition, der neue Stilmittel verwendet und beweist daß dieses Genre auch für Action, großes Gefühl und Leidenschaft taugt, was zuletzt ein wenig verschütt gegangen ist. Der klassischen Heimatfilm wirkt ja deshalb so langweilig, weil seine Welt undynamisch ist. Da sitzt der Bauer auf seinem Hof, den vererbt er dann seinem Sohn. Da verändert sich nichts. Da ergreift niemand die Initiative. Ich wollte in meine Geschichte ein wenig Westernmentalität "Go West, uns gehört die Welt" einbringen. "Die Siebtelbauern" ist auch ein politischer, kämpferischer Film mit einem fatalistischen Ende... Es soll schon ein kämpferischer Film sein. Anfangs wollte ich es auch gut ausgehen lassen, aber die Welt, die hier beschrieben wird, ist nicht eine, wo sich am Schluß alle bei einem Glas Bier zusammensetzen und sagen "OK, dann ändern wir halt unser soziales System". Es läuft einfach auf eine Konfrontation auf Leben und Tod hinaus, wo auch klar ist, wer dabei letztendlich unterliegt. Aber die Moral von der Geschichte ist nicht, daß es falsch ist, sich gegen sein Schicksal aufzulehnen. Der Film spielt in den 30er Jahren. Haben Sie sich als Regisseur und Historiker um Authentizität bemüht? Ich wollte nicht Vergangenheit rekonstruieren. Schon die Landschaft schaut heute ganz anders aus, weil zum Beispiel ganz anders gepflügt wird. Wir wollten aufgrund einer fundierten Recherche eine Welt neu erfinden, die in sich stimmig sein soll, aber nicht hundertprozentig authentisch ist. Alleine schon die Frisuren: Der Joseph Wildgruber hätte keine lange Haare haben dürfen, Sophie Rois wiederum hätte lange Haare haben müssen. Der Film hat ein auffälliges optisches Konzept... Ich wollte bewußt mit dem Kontrast arbeiten, daß die Landschaft so schön ist, bei allem Leid und Elend. Wir haben auch in den Räumen mit kräftigen Farben gearbeitet, was auch definitiv historisch korrekt ist. Damals waren die Zimmer in den schrillsten Farben gestrichen, gerade weil das Leben nicht so prächtig und farbenfroh war. Wir haben ein sehr genaues Farb- und Kamerakonzept gehabt. Das erste Drittel im Frühling ist kühl in blaugrün Tönen gehalten, der mittlere Teil im Sommer in warmen, gesättigten Farben. Im Herbst schließlich verdunkelt sich die Geschichte mit starken Kontrasten. Wir haben sehr viel mit Weitwinkel gearbeitet, nicht nur um die Weite des Landes zu zeigen, sondern weil hier Raum ein wichtiges Thema ist. Es ging auch in der Inszenierung immer darum, wer den Raum beherrscht. Wer geht in die Mitte, wer drängt sich an die Wände. In der alten bäuerlichen Gesellschaft spiegeln die Räume immer exakt die sozialen Hierarchien wider. In der Kirche saßen z.B. die Bauern hinter dem Pfarrer und haben ihm über die Schulter geschaut, wenn er von der Kanzel aus das einfache Volk ermahnt hat. Oben drüber in einer beheizten Stube hockte dann der örtliche Adel. Ihr nächster Film ist ein Horrorfilm mit Franka Potente in der Hauptrolle. Spielt der auch in den Bergen? Nein, der spielt in Heidelberg, heißt "Anatomie" und soll die europäische Antwort auf "Scream" sein. Das Projekt geht von dem amerikanischen Major Columbia aus. Die haben sich für dieses superkommerzielle Genre die Produzenten Claussen & Wöbke, die eher für den anspruchsvollen, künstlerischen, europäischen Film stehen, und mich als Regisseur ausgesucht. Das kann, glaube ich, interessant werden. Das Drehbuch ist fertig, die Dreharbeiten beginnen demnächst.
Interview: Martin Schwickert
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