A BETTER TOMORROW
Wieso Regisseur John Woo nie einen Computer benutzt, warum er Science Fiction eigentlich nicht mag und was ihm an Kill Bill gefallen hat
Mr. Woo, Sie sind erst sehr spät zu dem Projekt gestoßen, weil Regisseur Bret Ratner abgesprungen ist. Was hat Sie an der Geschichte interessiert?
Das Studio hat mir das Skript angeboten und ich fand die Geschichte sehr interessant. Es war nicht nur eine Suspense-Story, sondern auch eine romantische Liebesgeschichte. Außerdem steckte in dem Drehbuch ein mythologisches Thema: die Kontrolle eines Menschen über seine eigene Bestimmung und der Versuch, das vorherbestimmte Schicksal zu ändern.
Paycheck ist Ihr erster Science-Fiction-Film ...
Ich war nie ein großer Fan dieses Genres. Die meisten Science-Fiction-Filme sind mir zu kalt und unmenschlich. Wenn sie über die Zukunft reden, ist alles immer dunkel und grau. Überall tropft Wasser von den Wänden herab und es gibt keine Hoffnung auf eine gute Zukunft. Paycheck habe ich nicht als Science Fiction gesehen, sondern eher als eine Art Hitchcock-Film. Ich habe den Autoren gesagt, dass ich achtzig Prozent der Science Fiction-Elemente weglassen will und den Fokus auf das menschliche Drama legen möchte. Es gibt viel Frustration in unserer heutigen Gesellschaft. Besonders in den asiatischen Staaten. Viele junge Leute in Hongkong, Taiwan und Japan haben alle Hoffnung auf eine bessere Zukunft verloren. Mir war es wichtig, mit diesem Film die Botschaft zu vermitteln, dass man nicht aufgeben darf und sein Schicksal verändern kann.
Haben Sie Ihr eigenes Schicksal verändert, als Sie von Hongkong nach Hollywood gegangen sind?
Das würde ich nicht sagen. In Hongkong habe ich persönlichere Filme gemacht, die sich meistens um tragische Helden drehten. In Hollywood orientiere ich mich mehr am Publikum. Der Wechsel hat mir gut getan, aber natürlich gab auch einige frustrierende Erfahrungen. Hollywood verändert sich nie, und es gibt so viele verschiedene Interessen, mit denen man umgehen muss. Gerade in meinen ersten Projekten redeten die Produzenten unaufhörlich rein und wollten mir vorschreiben, wie und was ich zu filmen habe. Das war ein sehr harter Kampf und ich war schon müde, bevor die Dreharbeiten überhaupt begonnen hatten. Deshalb werde ich in Zukunft eher kleinere Independent-Projekte machen, vielleicht auch einmal in Europa.
Paycheck steht der modernen Technologie sehr skeptisch gegenüber.
Ich habe noch nie in meinem Leben einen Computer benutzt. Je mehr die Technologie wächst, um so stärker werden die Menschen in die Isolation getrieben. Alle sitzen nur noch zu Hause vor dem Computer, kümmern sich nicht mehr um die anderen Leute und wissen gar nicht mehr, wie schön ein grüner Baum oder ein blauer Himmel aussieht.
Verzichten Sie deshalb in Ihren Filmen vollkommen auf digitale Effekte?
Computeranimierte Actionszenen habe ich nie gemocht. Das sieht immer so makellos und unglaublich aus. Wenn etwas zu perfekt ausschaut, verliere ich das Interesse daran. In meinen Actionsequenzen will ich den echten Sprung, den echten Crash und die direkten Reaktionen der Schauspieler, die mit der Gefahr konfrontiert sind.
Uma Thurman spielt in Paycheck die weibliche Hauptrolle. Wie hat Sie Ihnen in Kill Bill gefallen?
Ich mag Uma Thurman sehr. Sie ist für mich ein weiblicher Bruce Lee. Kill Bill habe ich mir wirklich gerne angesehen. Tarantino ist ein großer Verehrer des asiatische Kinos und er hat all seine Träume in diesen Film gesteckt. Viele Action-Szenen hat er sogar besser hingekriegt als so mancher Hongkong-Regisseur. Außerdem hat mir sein schwarzer Humor sehr gut gefallen und die Art wie er Farben einsetzt.
Interview: Martin Schwickert