STEVEN SODERBERGH ÜBER »THE GOOD GERMAN«

Casablanca, unzensiert

Regisseur und Kameramann Steven Soderbergh über Nazis, Schwarzweiss-Filme und "The Good German"


Die Kritik zum Film

Ist der Filmtitel in den USA immer noch eine Provokation?

Ja, tatsächlich stellt der Titel 60 Jahre nach dem Krieg immer noch eine Provokation dar. Aber das ist auch in Deutschland so: Der Titel der Buchvorlage von Joseph Kanon wurde vom deutschen Verlag zu In den Ruinen von Berlin umbenannt, der deutsche Filmverleih wollte das mit dem Film genauso machen. Sie hatten Angst, dass der Titel in Deutschland als ironische Provokation missverstanden werden könnte. Genau diese Ambivalenz wollte ich bewahren.
Was unterscheidet den Zweiten Weltkrieg von den Kriegen der heutigen Zeit?
Es wird behauptet, dies sei der letzte "gute" Krieg gewesen. Hier waren die Guten, dort die Bösen. Wenn alle Leute sagen "Das war der letzte Krieg, der wirklich Sinn gemacht hat.", dann werde ich skeptisch. Und der Roman von Joseph Kanon hat mir genau den richtigen Ansatz geliefert. Nämlich dass die Politiker damals ebenso wie heute genau das Gegenteil von dem gemacht haben, was sie nach außen propagierten.
Was unterscheidet Ihren Film von seinen Vorbildern?
Was mir an diesem Film am meisten Spaß gemacht hat, war die Vorstellung: Was wäre, wenn Michael Curtiz in Casablanca die gleiche Freiheit gehabt hätte wie Fassbinder? In den 40er-Jahren haben die Filmemacher einer strengen Zensur unterlegen. Davor hatte das Kino ein Level von Freiheit erreicht, wie es bisher in den USA noch keine Kunstform geschafft hatte. Mit dem "Hays Code" von 1933 hat Hollywood dieser Entwicklung einen Riegel vorgeschoben. Die Vorstellung, wie diese Filme ohne Zensur ausgesehen hätten, hat mich sehr inspiriert.
Wie haben Sie es geschafft, das Studio zu einem Schwarz-Weiß-Filmprojekt zu überreden?
Normalerweise hätte man den Film in Berlin mit aufwendigen Kulissen und kostspieligen visuellen Effekten gedreht. Das hätte sicher 90 Millionen gekostet, und das erschien mir einfach zu normal. Deshalb habe ich dem Studio gesagt, entweder mache ich den Film in Schwarz-Weiß mit bekannten Stars oder in Farbe, aber dann als Animationsfilm. Ich kann es dem Studio nicht hoch genug anrechnen, dass sie sich darauf eingelassen haben, denn in den Paketverträge mit den TV-Sendern sind Schwarz-Weiß-Filme ausgeschlossen.
Frustriert es Sie, dass das amerikanische Publikum in »Ocean 12« rennt, aber »The Good German« oder »Solaris« links liegen lässt?
In den USA wurde der Film von der Kritik zerrissen, und ohne die Unterstützung der Medien kann man einen Film wie diesen außerhalb der großen Städte kaum unterbringen. In The Good German bin ich meiner Vorstellung davon, wie der Film aussehen soll, so nahe gekommen wie in keinem anderen Film zuvor. Aber vom ökonomischen Standpunkt sieht das natürlich anders aus. Dabei geht es nicht nur um mich. Denn der Nächste, der im Studio mit einem etwas gewagteren Filmprojekt anklopft, wird abgewiesen, weil das Studio mit meinem Film schlechte Erfahrungen gemacht hat.

Interview: Martin Schwickert