Sigourney Weaver über »Snow Cake«
»FRAUEN HALTEN DIE WELT ZUSAMMEN« Über Machos, Frauenpower und gute Rollen
Die Kritik zum Film
Sie haben sich sehr lange auf diese Rolle vorbereitet. Was war Ihre wichtigste Erkenntnis über Autismus?
Dass jede Person innerhalb des autistischen Spektrums anders und einzigartig ist. Die autistische Frau, mit der ich mich am meisten beschäftigt habe, war entgegen aller Erwartungen sehr redselig. Sie konnte sich selbst kein Essen machen oder alleine über die Straße gehen. Aber sie war eine brillante und sehr lustige Rednerin. Autisten sind eigentlich nicht empathiefähig. Aber diese Frau war sehr aufmerksam gegenüber anderen Menschen, schaute mir beim Reden auch in die Augen. Diese Fähigkeit hat sie sich jedoch erst mühsam angeeignet, damit sie unser Spiel spielen und Leute wie mich froh machen konnte.
Was war die größte Herausforderung an dieser Rolle?
Am schwierigsten war es, mit den anderen Schauspielern zu arbeiten, ohne wirklich mit ihnen in Interaktion treten zu können.
Für viele junge Schauspielerinnen sind Sie heute immer noch ein großes Vorbild, weil Sie als Ripley in den "Alien"-Filmen das männerdominierte Action-Genre für kämpfende Frauenfiguren geöffnet haben.
Das ist nicht allein mein Verdienst. Es waren damals die Produzenten, die entschieden haben, aus der männlichen Figur eine weibliche Heldin zu machen. Zum Glück hatten sie Ripley nicht als sexy Kampfamazone angelegt. Heute müssen die Schauspielerinnen in solchen Rollen ja nicht nur die ganzen Stunts machen, sondern dabei auch noch fabelhaft aussehen. Das ist sehr viel härter. Ripley war ja gerade deshalb beim Publikum so beliebt, weil sie ein ganz normaler Mensch war. Es ist schade, dass es solche Frauenfiguren nicht mehr oft im Kino gibt.
Suchen Sie gezielt nach Rollen, in denen Sie starke Frauen spielen?
Nein, in erster Linie will ich Teil einer interessanten Geschichte sein. Aber ich mache mich auch nicht auf die Suche nach Rollen, in denen Frauen als schwach charakterisiert werden. Frauen sind stark. Frauen halten die Welt zusammen. Die Leute denken immer, wenn man stark ist, darf man keine Schwächen zeigen. Linda ist auf ihre Art sehr stark und gleichzeitig sehr verletzlich. Das gleiche gilt für Ripley. Man sieht das nur nicht so deutlich, weil sie keine Zeit hat sich zu entspannen.
Interview: Martin Schwickert
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