INTERVIEW MIT ALEXANDER PAYNE UN-AMERIKANISCHE FILME
Über seinen Film "About Schmidt" und das amerikanische Kino
Der Film zum Interview
"About Schmidt" hat gerade den Golden Globe bekommen und kann mit einer Oscar-Nominierung rechnen. Überrascht Sie der Erfolg? Payne: Ja, schließlich ist dies erst mein dritter Film und der erste, der ein großes Publikum findet. Ein Großteil des Erfolgs ist natürlich auf Jack Nicholson zurückzuführen. Die Leute lieben ihn in dieser Rolle. Wenn sie dann sagen " ...und außerdem ist es auch ein guter Film", dann freut mich das. Genau dafür haben wir Jack Nicholson schließlich unter Vertrag genommen. Mit der literarischen Vorlage sind Sie recht frei umgegangen ... Payne: Das Skript ist in zwei Etappen entstanden. Nach der Filmschule bekam ich ein Drehbuchstipendium von einem Studio. Da entstand die Idee von dem pensionierten Versicherungsangestellten, der in Briefen an einem unbekannten afrikanischen Jungen über sein Leben berichtet. Das Studio war an dem Stoff jedoch nicht interessiert. Jahre später hat man mir angeboten, das Buch von Louis Begley zu verfilmen. Anfangs wollten wir nur den Roman adaptieren, aber mit der Zeit sind immer mehr Elemente meines alten Drehbuches in das Skript eingeflossen. Ein US-Kritiker bezeichnete Schmidt als einen "Mann ohne Qualitäten". Sind Sie damit einverstanden? Payne: Schmidt ist ein außergewöhnlich gewöhnlicher Mensch. Sein Leben ist leer, aber er ist nicht ohne Gefühle. Er leidet und er sehnt sich nach mehr Glück. Ich bin gelangweilt von all den qualitätvollen Helden auf der Leinwand. Ich möchte wieder mehr über normale Leute erfahren und das Leben auf der Leinwand mit dem Leben auf der Erde verbinden. Sie blicken auf Warren Schmidt mit großer Ironie, jedoch ohne die Figur an billige Pointen zu verraten. Wie schwierig ist es hier den richtigen Ton zu finden? Payne: Das ist in erster Linie eine Frage des Gespürs. Mein Co-Autor Jim Taylor und ich sind sehr daran interessiert, die Menschen zu kritisieren und das Tun unsere Figuren zu hinterfragen. Gleichzeitig behandeln wir sie mit großer Zärtlichkeit, denn wir sind schließlich auch keine besseren Menschen. Aber ich mag keine Hollywoodfilme, die einen mit allen Mitteln dazu bringen wollen, ihre Figuren zu lieben. Das führt meistens nur dazu, dass ich sie umso mehr hasse. Hat das amerikanische Kino seinen Kontakt zur Realität verloren? Payne: Das Problem ist, dass das amerikanische Kino keine amerikanischen Filme mehr macht. Hollywood produziert nur noch Cartoons, die sich weltweit verkaufen lassen, die in einem Bus in Thailand genauso gezeigt werden können, wie in der Businessclass eines Interkontinentalfluges. Das amerikanische Kino der letzten 20 Jahre hat sich ausschließlich an kommerziellen Gesichtspunkten orientiert. Natürlich brauchen wir auch Filme, die fröhlich und unterhaltsam sind, aber nicht wenn die andere Seite dafür ausgegrenzt wird. Das ist wie in einem Buchladen. In dem einen Regal stehen die Bestseller. Auf der anderen Seite die Literatur. Das Problem ist, dass Hollywood nur Bestseller will und wenn man Literatur machen will, heißt es: "Nein, das Ende muss geändert werden. Die Figur muss sympathischer gestaltet werden." usw.. Aber Literatur muss Literatur bleiben, auch wenn sie vielleicht nur von einer Minderheit gelesen bzw. gesehen wird.
Interview: Martin Schwickert
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