INTERVIEW

Der Dienstleister

Harrison Ford über seinen neuen Film »Hollywood Cops«


Mr. Ford, Polizist und im Nebenberuf Immobilienmakler - gibt es so etwas wirklich im Los Angeles Police Department?
Ja sicher, gerade die Ermittler der Mordkommission sammeln schnell eine Menge Überstunden an. Die Stadt hat nicht das Geld, diese Überstunden zu bezahlen. Deshalb müssen sie abgefeiert werden. Und weil Polizeiarbeit sehr schlecht bezahlt wird, haben viele der Jungs dort eine zweite Karriere als Buchhalter, Golfprofi oder wie im Falle meiner Figur Immobilienmakler.
Hat das Sie an Ihre eigene Biografie erinnert. Sie haben in den 70ern ebenfalls ein zweites berufliches Standbein als Tischler gehabt?
Ich habe damals mit der Schauspielerei nach sieben Jahren aufgehört, weil ich beim Fernsehen immer nur die gleichen Sachen gemacht habe. Ich wollte mir als Tischler einfach eine andere Existenz aufbauen, um nicht von dieser Art von Arbeit abhängig zu sein. Aber ich habe nicht beide Jobs gleichzeitig gemacht.
Was halten Sie von der Zweitkarriere, die Ihr Kollege Arnold Schwarzenegger gerade anstrebt?
Wenn Mr. Schwarzenegger mit dem richtigen Programm ankommt und die Wähler überzeugen kann, dass er genug Geschick und Integrität besitzt, diesen Job zu übernehmen, sollten sie ihn vielleicht machen lassen. Aber ich habe keine fundierte Meinung zu seinem politischen Programm, weil ich es - genau wie alle anderen - noch nicht kenne.
Für Sie wäre das nichts, in die Politik zu gehen?
Nein, obwohl man offensichtlich nicht viel Vorbereitung dafür braucht.
Der Cop, den sie spielen, macht sich lustig über seinen Kollegen, der Schauspieler werden möchte. Ist das ein ironischer Kommentar auf den eigenen Berufsstand?
Die Szene beruhte auf einer Idee von Ron Shelton. Es passte gut zu der Figur, dass sie so über Schauspieler denkt. Ich bin nicht daran interessiert, mit einem Film meine eigene Karriere zu kommentieren. Aber mir ist natürlich klar, dass das Publikum das aus einer anderen Perspektive sieht.
Ihre Rolle in »Hollywood Cops« unterscheidet sich deutlich von all den geradlinigen Heldenfiguren, die Sie bisher gespielt haben. Wonach suchen Sie Ihre Rollen aus?
Ich verhalte mich da ganz opportunistisch. Wenn mir etwas über den Weg läuft, das mich interessiert und herausfordert, das eine größeres Publikum anzieht, Menschen mit einbezieht, mit denen ich gerne arbeite - all diese Dinge kommen zusammen, wenn ich meine Wahl treffe...
Ist Schauspielen für Sie eher eine Kunst oder ein Handwerk?
Auf jeden Fall ein Handwerk. Als ich angefangen habe, hatte ich keine Ahnung von der Schauspielerei und ich war nicht besonders gut darin. Aber ich bin besser geworden durch Erfahrung, Disziplin und die Zusammenarbeit mit talentierten Menschen. Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, diesen Beruf zu erlernen und lerne auch heute noch immer dazu.
Wie erarbeiten Sie sich eine Rolle?
Ich gehe immer von der Geschichte aus. Was ist der Nutzen und die Verantwortung der Figur gegenüber der Story? Dann gehe ich in jede Szene hinein, um für den Charakter ein Verhalten zu entwickeln, das hilft, die Geschichte glaubwürdig zu gestalten. Ich bin der Assistent des Geschichtenerzählers.
Könnten Sie sich auch vorstellen wieder einmal in einem Independent-Film mitzumachen?
Mich amüsiert immer die Bezeichnung "Independent Movie". Ich glaube, es gibt keinen unabhängigen Film. Heute macht ein Regisseur einen sogenannten Independent-Film und morgen führt er bei Drei Engel für Charlie 3 Regie. Es gibt keinen Unterschied. Es geht nur darum, welche Gelegenheit sich bietet. Man kann einen Film für ein kleines Publikum machen, aber nur mit einem kleinen Budget. Wenn man mehr Geld haben will, möchten die Investoren, dass ein größeres Publikum bedient wird. So ist das Geschäft.
Manche sagen ein Film wie Pulp Fiction wären als Studioproduktion nicht möglich gewesen...
Das ist Quatsch. Glauben Sie, das war Quentin Tarantinos eigenes Geld? Das Geld kam von Miramax und die haben es von Investoren, die versuchen, die Dinge zu kontrollieren. Gerade der Chef von Miramax Harvey Weinstein ist dafür bekannt. Aber sie wussten, dass da etwas anderes entsteht, und sie haben erlaubt, dass es entsteht.
Sie sind seit etwa 25 Jahren im Filmbusiness. Wie schafft man es in diesem schnelllebigen Geschäft solange am Ball zu bleiben?
Das Glück in meiner Karriere ist, dass manche meiner Filme zu Klassikern geworden sind. Nicht wegen mir. Aber mit Klassikern wie Indiana Jones , Star Wars und Blade Runner wird jede Generation von Filmemachern bekannt gemacht und manche interessieren sich dadurch auch für meine heutige Arbeit.
Was haben wir vom neuen Indiana Jones zu erwarten?
Er wird älter sein. Er findet sich selbst in einer anderen Zeit und Umgebung wieder. Wir werden Sommer 2004 mit den Dreharbeiten beginnen. Ich freue mich darauf, ihn wieder zu spielen.
Sie sind keiner der Schauspieler, der sich ins Rampenlicht drängt. Wie gehen Sie mit ihrer eigenen Popularität um?
Ich habe eine sehr realistische Einstellung dazu. Hollywood ist ein Dienstleistungsbetrieb. Man erzählt die Geschichten, die das Publikum sehen will und die eigene Popularität hängt allein davon ab, dass man ab und zu einen Hit landet.
Klingt sehr pragmatisch...
So bin ich. Das ist meine Natur.

Interview: Martin Schwickert