CAMERON CROWE ÜBER »ELISABETHTOWN« UND DIE LUFT DES SÜDENS

SOUTHERN AIR

Der Film zum Interview




Worin unterscheidet sich die Kultur in den Südstaaten von der in New York oder L.A.?
Das ist eine große Frage und darüber sind schon viele Bücher geschrieben worden. Dort ist etwas in der Luft, die Art wie sich eine Sommernacht im Süden anfühlt, wie die Leute zusammenkommen und sich Geschichten erzählen. Hier gibt es ein größeres Gemeinschaftsgefühl und einen Sinn für Tradition. Ich habe an der Westküste gelebt und hatte das Gefühl, dass alle nur versuchen, in kurzer Zeit möglichst viel Geld zu verdienen. In L.A. habe ich kaum Leute getroffen, deren Familien dort verwurzelt ist. Im Süden hingegen leben die Leute wirklich seit Generationen an einem Ort, manchmal sogar im selben Haus. Darin steckt eine gewisse Romantik, ein Gefühl dafür, dass man Teil der Geschichte ist, und das spiegelt sich auch in der Literatur und in der Lebensweise des Südens wider.
Ein US-Kritiker hat geschrieben: Dies ist endlich ein Film, der Amerika nicht in red and blue states aufteilt. Ist »Elisabethtown« der romantische Versöhnungsfilm für die gespaltene Nation?
Daran habe ich nie gedacht. Aber mir war es wichtig etwas gegen die Stereotypisierung des Südens zu setzen. Das geht so weit, dass die Schauspieler, die in L.A. vorgesprochen haben, immer ihre Stimme verstellt haben, um möglichst southern zu wirken. Nur weil die Leute dort für Bush gestimmt haben, heißt es noch lange nicht, dass es andere Menschen sind, die anders laufen, anders reden oder anders fühlen.
Warum übernehmen die Frauen in Ihren Filmen immer die Seelenrettung der Männer?
Viele Drehbücher zeichnen Frauen als passive Figuren oder benutzen sie nur als erotische Attraktion. Es gibt so viele gute Schauspielerinnen in Hollywood, und die müssen etwas zu tun bekommen.
Was war bisher Ihr größtes berufliches Fiasko?
Als Almost Famous in den USA herauskam, waren die Zuschauerzahlen am ersten Wochenende sehr niedrig. Da kam um drei Uhr nachts ein Telefonanruf und der Mann sagte: Sorry, niemand will deinen Film sehen. Und tschüss. Das wars. Wenn dein halbes Leben in einem Film steckt, dann ist das ein brutaler Anruf. Aber zum Glück blieb Almost Famous den Leuten nicht nur als Kassengift in Erinnerung und ich war stolz genug auf den Film, dass ich mir nicht wie Drew im Film meinen Heimtrainer in ein Selbstmordfahrrad umgebaut habe.

Interview: Martin Schwickert