Darren Aronofsky Sinnlichkeit und Horror Darren Aronofsky über Ballett, »Black Swan« und was er von Filmen hält, die "Man" im Titel tragen Trotz des Erfolges mit »The Wrestler« wäre »Black Swan« fast an der Finanzierung gescheitert... Es ist gerade ein sehr harte Zeit für Independent-Filme in den USA. Es gibt nur wenige Geldgeber, die sich auf Experimente einlassen. Die Studios stecken ihr Geld im Moment nur in Filme wie The Tourist, die sicher ihren Gewinn einfahren. Wenn man etwas außerhalb des üblichen Rahmens machen will, bekommen die Finanziers kalte Füße. Dabei ist Black Swan an den amerikanischen Kinokassen ja gerade deshalb so erfolgreich, weil er sich vom Mainstream abhebt. Wie sind Sie auf die Verbindung von Ballett- und Horrorfilm gekommen? Wenn man sich Ballett-Stücke wie "Schwanensee" oder "Dornröschen" anschaut, sind das oft sehr tragische Geschichten, die ihren Ursprung in der Welt der Märchen haben. In der Vorbereitung zu diesem Film habe ich mich mit einer Primaballerina getroffen, die mir alles über "Schwanensee" erzählt hat. Sie hat mir die verschiedenen Tänze der Schwanenkönigin gezeigt und gesagt, dass sie am Tage durch einen Fluch als Schwan leben muss und in der Nacht eine Mischung aus Schwan und Mensch ist. Da habe ich sofort an einen Werwolf-Film gedacht und wusste dass es in meinem Film auch um eine biologische Transformation gehen musste. Ich wollte die Sinnlichkeit des Balletts mit einzelnen Elementen des Horrorfilms zu mischen. Ähnlich wie der Mathematiker in "Pi" oder der Catcher in "The Wrestler" geht auch Tänzerin Nina mit ihrer Ambition bis an die Grenzen der Selbstzerstörung... Ballett erfordert eine große physische Anstrengung und ein hohes Maß an Selbstzerstörung. Mich hat der Kontrast interessiert zwischen der Schönheit, die die Tänzerinnen auf der Bühne verkörpern, und dem großen Anteil an Schmerz, den sie erleiden, um zu dieser Schönheit zu gelangen. Sind Mickey Rourke und Natalie Portman auf ähnliche Weise an Ihre Rollen herangegangen? Nein, Mickey Rourke musste man immer antreiben und für bestimmte Sachen begeistern. Natalie Portman braucht man nur die Tür zu öffnen und dann kommt sie auch schon allein zurecht. Sie ist eine sehr verantwortungsbewusste und disziplinierte Schauspielerin. Ein Jahr lang und acht Stunden am Tag hat sie trainiert, um als Tänzerin vor der Kamera zu bestehen. Im Film ist der Choreograph und Leiter des Balletts ein äußerst manipulativer Charakter. Sind Sie auch ein manipulativer Regisseur? Nein, ich bin immer sehr ehrlich zu den Schauspielern und erzähle ihnen genau, was auf sie zukommt. In der Welt des Balletts können die Choreographen sehr viel manipulativer sein, weil die Tänzer nicht die gleiche Macht haben, wie die Schauspieler beim Film. In Hollywood haben die Schauspieler oftmals mehr zu sagen als die Regisseure und für einen Filmemacher ist es ein sehr gefährliches Spiel, wenn er versucht seine Schauspieler zu manipulieren. Wie wurde Ihr Film bisher in der Ballett-Szene aufgenommen? Sehr positiv. Im Kino wird die Welt des Balletts oft nur als Hintergrund für eine romantische Geschichte benutzt. "Black Swan" hingegen nimmt sich der Welt des Tanzes auf eine künstlerische Art an. Außerdem bin ich fest davon überzeugt, dass unser Film das Ansehen dieser Kunstform steigern wird, weil wir genau zeigen, welche Anstrengung und welcher Schmerz im Ballett stecken. Ist Filmemachen eine ähnlich selbstzerstörerische Angelegenheit? Als Filmemacher verbringt man die meiste Zeit mit bürokratischen Tätigkeiten wie Geldauftreiben, Budgetberechnung, Termine und Drehpläne. Um sich da durchzuschlagen, braucht man wiederum eine gehörige Portion Leidenschaft. Zahlt sich diese Leidenschaft für einen Regisseur finanziell aus? Wenn die Studios merken, dass ein Regisseur den Film unbedingt machen will, kürzen sie zuallererst sein Honorar. Bei "The Wrestler" habe ich drauf gezahlt. Bei diesem Film ist es OK. Ich nage jetzt nicht am Hungertuch, aber mit Independent-Filmen wird man nicht reich. Wenn man Geld machen will, muss man Mainstream-Filme drehen. Sie haben keine Angebote für einen Mainstream-Film bekommen? Doch sicher. Aber bisher war noch nicht das richtige Projekt dabei. Schließlich verbringt man ja gut zwei Jahre mit so einem Film. Was haben Sie abgelehnt? Batman, Superman - alles mit einem "-man" am Ende. Interview: Martin Schwickert
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