Ben Affleck über »Argo« Der Maskenbildner der CIA Der Film zum Interview Ben Affleck über Hollywood & Politics und seinen Polit-Thriller »Argo« Ihr Film beginnt mit dem Sturm auf die US-Botschaft in Teheran. Die Bilder gleichen denen, die wir gerade aus Libyen, Ägypten und Tunesien gesehen haben. Es ist schon unglaublich, dass der Film von Ereignissen erzählt, die vor dreißig Jahren passiert sind, und wir heute immer noch mit denselben Themen beschäftigt sind. Im Iran haben die USA Mitte der Fünfziger einen Umsturz gegen die demokratisch gewählte Regierung angezettelt und dann den Schah als Autokraten eingesetzt. Zwischen dem Schah und Herrschern wie Mubarak oder Assad, die bis vor kurzem von den USA toleriert wurden, besteht kein großer Unterschied. Die Leute im Iran haben, genau wie die in Ägypten, an die Versprechungen von Freiheit und Selbstbestimmung geglaubt, hatten irgendwann von dem unterdrückerischen Regime die Nase voll und setzten eine Revolution in Gang. Argo ist in allererster Linie ein sehr unterhaltsamer Thriller. Hat der Film trotzdem auch eine Botschaft? Er stellt die Frage: Sollte sich ein Land wie die USA wirklich mit ausländischen Alleinherrschern verbünden, um die eigene Hegemonialpolitik voranzutreiben? Der Nahe Osten ist seit dem Ersten Weltkrieg ein Spielball der Mächte. Die Schwierigkeiten, die heute die Region bestimmen, sind eine Konsequenz aus dieser geschichtlichen Entwicklung. Nicht nur der historische Hintergrund, sondern auch ein Großteil der Story beruhen auf Tatsachen. Dazu gehört auch der Make-Up-Artist John Chambers, der für Hollywood und die CIA gearbeitet hat. John Chambers ist einer der bekanntesten Maskenbildner in Hollywood gewesen. Er hat die Masken für Planet der Affen und Star Trek gemacht. Die Ohren von Mr. Spock stammen von ihm. Wenn sie einen Maskenbildner fragen, ob er John Chambers kennt - das ist so als würden sie einen Schauspieler nach Marlon Brando fragen. Er hatte in seiner Werkstatt eine Tür mit einem dicken Schloss davor und dahinter verbargen sich die ganzen Masken, die er für die CIA gemacht hat. Mit deren Hilfe wurden Leute unerkannt aus Krisenregionen geschleust. John Chambers hat den ersten Oskar in der Kategorie "Make Up" bekommen und ist von der CIA für seine Verdienste ausgezeichnet worden. Der Film zeigt ein recht warmherziges Bild vom Hollywood der späten Siebziger Jahre. Ich gebe zu, ich empfinde eine gewisse Nostalgie gegenüber dieser analogen Version von Hollywood. Die Filmindustrie ist heute vollkommen durchdigitalisiert. Unglaubliche Geldmengen werden dort von großen Konzernen verschoben. Ich finde es romantisch, wenn man im Film sieht, dass in den späten Siebzigern noch kleine Produzenten mit eigenwilligen Ideen am Spieltisch saßen. Diese Ära hatte eine gewisse Schäbigkeit, die ich sehr sexy finde und die der heutigen Zeit übrigens in manchen Punkten sehr ähnlich ist. Die Wirtschaft, die Infrastruktur, das Bildungswesen - vieles schwächelte Ende der Siebziger im Zuge der Ölkrise und auch damals gab es mit Jimmy Carter einen demokratischen US-Präsidenten, dem vorgeworfen wurde, dass er nicht genügend durchgreift. Trotzdem hält der Film sich von nostalgischen Ausstattungsorgien fern... Wir wollten die Zuschauer nicht mit der Nase drauf stoßen. Das historische Setting musste überzeugend wirken, aber das Publikum sollte nicht durch das zur Schau gestellte Zeitkolorit wie Schlaghosen oder Afro-Look von der Story abgelenkt werden. Die zeitliche Zuordnung erfolgt eher durch kleine Details wie Schnurrbärte oder diese riesigen Brillen, die so hässlich waren, dass sie heute wieder modern sind. Interview: Martin Schwickert
|