ZEIT DES ZORNS Fangschuss Ein ganz kleiner Bürgerkrieg in Teheran Ali kommt aus dem Gefängnis. Wir wissen nicht, für was er verurteilt wurde, wir wissen nicht, ob es Schikane ist, dass er nur einen Nachtwächterposten kriegt, oder poetische Absicht, dass er in einem still stehenden Autowerk arbeitet. Immerhin spielt der Regisseur Rafi Pitts mit der ständigen Bewegung in Teheran, wo sich tagsüber Autokolonnen scheinbar immerzu im Kreis schieben, und der Unbeweglichkeit der Verhältnisse. Ali schweigt und leidet darunter, dass er Frau und Tochter kaum noch zu Gesicht kriegt. Irgendwie findet er aber Tageslicht-Zeiten, um seinem Hobby nachzugehen und einsame Jagdausflüge ins Umland zu machen und ziellos mit seinem Auto herumzufahren. Im Autoradio hört man politische Ansprachen: Es scheint zu kriseln im Lande. Eines Tages kommt Ali in eine leere Wohnung zurück. Frau und Tochter sind verschwunden. Erst nach langem Warten erklärt man ihm, leider sei seine Familie in einen Konflikt der Polizei mit Demonstranten geraten und erschossen worden. Genauer wird's nicht, einmal sehen wir nur Kreideumrisse und Blutflecken an einer Straßenecke. Ähnlich schematisch lässt Rafi Pitts seinen Ali ein neues Ziel für seinen Jagdausflug suchen. Er nimmt die übervolle Stadtautobahn ins Visier und schießt auf einen Streifenwagen. Dann versteckt er sich in den Wäldern, wo nun ihrerseits die Polizei ihn jagt. Trotzdem wird kein Action-Drama aus der langsamen Parabel. Mühsam schleppen sich zwei Polizisten durchs Unterholz, man verläuft sich im Nebel. Weil sein Hauptdarsteller nicht zum Drehbeginn erschien, spielte Regisseur und Buchautor Rafi Pitts die Rolle gleich selbst. Und noch ein wenig schweigsamer, als er sie ohnehin schon angelegt hatte, damit die wenigen Sätze der Filmfigur nicht als Aussage des Filmemachers gedeutet werden. Auch schauspielerisch hält sich Rafi Pitts sehr zurück. Er ist von Anfang bis Ende eigentlich längst tot. So bleiben nur die Bilder übrig. Die aber sehen großartig aus. Wing IR/D 2009. R + B: Rafi Pitts K: Mohammad Davudi D: Rafi Pitts, Mitra Hajjar
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