»10 DINGE, DIE ICH AN DIR HASSE«

Eine wie keine

Und wieder wird ein aufmüpfiges Mädel auf Kurs gebracht

Auf den ersten Blick unterscheidet sich Gil Jungers High-School-Komödie kaum von der Dutzendware, die in den letzten Monaten um das pubertierende Kinopublikum buhlte. Auch hier ist der Schulhof wieder einmal Austragungsort verwickelter Balzrituale zwischen aufgeblasenen Gockeln und hässlichen Entlein.
Im Mittelpunkt von Jungers Kinodebüt, das entfernt an Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung erinnern soll, stehen die beiden Stratford-Schwestern Bianca (Larisa Oleynik) und Kat (Julia Stiles). Ihr alleinerziehender Vater ist von Beruf Gynäkologe und propagiert die Kontaktsperre zu männlichen Mitschülern als sicherste Verhütungsmethode. Während die jüngere, umschwärmte Bianca unter dem unfreiwilligen Zölibat leidet, ist die ältere an Männern völlig desinteressiert. Kat pfeift auf Pubertätsrituale, ist als kratzbürstige Emanze verschrien und für den Hodenbruch eines aufdringlichen Klassenkameraden verantwortlich.
Weil Papa Stratford um die Prinzipientreue seiner ältesten Tochter weiß, erlaubt er Bianca erst ein Date, wenn Kat auch eine Verabredung mit einem Jungen vorzuweisen hat. Die Blockadestrategie spricht sich herum. Um Bianca loszueisen, heuert der Schulschönling (Andrew Keegan) den verrufenen Mitschüler Patrick (Heath Ledger) an. Für eine handvoll Dollars soll der gefürchtete Underdog sich an die Unnahbare heranmachen. Dass sich beide ineinander verlieben, dürfte niemanden ernsthaft überraschen. Dass der Schwindel auffliegt und für einige Tragik sorgt, ebensowenig.
Shakespeare hin, Shakespeare her - Regisseur Gil Junger serviert hier nahezu die gleiche Story, wie sie vor kurzem erst in Eine wie keine zu sehen war. In beiden Filmen geht es um den Anpassungsdruck, dem weibliche Teenager ausgesetzt sind. In Eine wie keine rüstete der Schulprinz das unscheinbare Aschenputtel mit Kontaktlinsen, Cocktailkleidchen, Föhnfrisur und flächendeckendem Make-Up nach und führte sie als Königin zum Abschlussball. Das aufdringliche Plädoyer des Films für ungezügelten Opportunismus und die vielen kleinen Spießer, die den Schulhof bevölkerten, machten Eine wie keine zu einem der unappetitlichsten Teenager-Filme der Saison.
Im Gegensatz dazu ist 10 Dinge, die ich an Dir hasse weniger belastet. Hier schreibt sogar die rüde Direktorin pornografische Prosastückchen, und der sarkastische Englisch-Lehrer trägt Shakespeare als Rap-Variante vor. Die Jugendlichen sehen nicht wie zu klein geratene Erwachsene aus und überhaupt nimmt Regisseur Junger die Probleme der Teenager deutlich ernster als seine Genrekollegen. Seine Kat ist kein Klischee-Mauerblümchen, sondern eine selbstbewusste Einzelgängerin. Auch wenn ihre Kratzbürstigkeit durch das ausdauernde Werben des Liebhabers aufgeweicht wird, bleibt die Figur sich treu. Das ist selten genug in Teenie-Filmen, denn hier kneten die Regisseure meistens etwas rücksichtslos an ihren Charakteren herum. Als widerspenstige Kat überzeugt Julia Stiles in allen Stimmungslagen. Zurecht gilt sie in Hollywood als vielversprechendes Nachwuchstalent, und ihre Karriere werden wir mit Spannung weiterverfolgen.

Martin Schwickert