»ZAUBERHAFTE SCHWESTERN«

Kalte Magie

Sandra Bullock zaubert sich einen Mann

Es hat unbestritten Vorteile, eine Owens zu sein - eine Familie, die seit Generationen Hexen hervorbringt. Der Löffel rührt sich von selbst im Kaffeebecher, die Luft trägt einen gelegentlich und Karies bedeutet kein wirkliches Problem. Aber die Nachteile sind auch nicht von Pappe. Ein Fluch, der seit Jahrhunderten auf der Familie lastet, verdammt alle Männer, die das Herz der Sippenfrauen erobern, zu einem frühen Tod.
Sally Owens (Sandra Bullock) erfährt das sehr schnell. Ihr Ehemann wird in den ersten fünfzehn Minuten sowohl vorgestellt als auch überrollt. Das geschieht recht lapidar, und der gewiefte Zuschauer resümiert: er war wohl nicht der rechte. Die Witwe teilt die Einsicht noch nicht und zieht sich gramvoll ins Heim der Tanten (Dianne Wiest und Stockard Channing) zurück.
Sallys Schmollmund präsentiert sich prominent in den folgenden Szenen. Niemand versteht es, sie aufzuheitern: nicht ihre Kinder, nicht ihre Tanten und nicht ihre Schwester Gillian (Nicole Kidman). Die versucht zu helfen, so gut es geht. Aber es geht nicht gut, denn sie hat selbst Probleme, in Gestalt eines brutalen Lovers. Ihre praktische Magie ( Practical Magic heißt der Originaltitel) schützt offenbar nicht vor physischer Gewaltanwendung und aufdringlichen Proleten. Gillian sendet ein telepathisches SOS an Sally. Bald sitzen die zwei Töchter Satans im Auto, aber der fiese Schläger auch.
Ganz dem Verleihertitel Zauberhafte Schwestern folgend, agieren sie bezaubernd-harmlos. Sie flößen dem ungeliebten Gast ein Pulver ein, das ihn zum Untoten mutieren läßt. Aidan Quinn betritt die Szenerie als FBI-Bulle. Er soll das weltliche Verschwinden von Gillians Freund untersuchen und trägt zum Verschwinden von Bullocks Schmollmund bei. Am Ende bekommt jeder, was sie/er verdient. Gillian, die lebenslustige, sprunghafte Göre muß sich bekehren lassen, daß so ein lasterhaftes Leben gar nicht in Ordnung geht. Sally, die zwanghaft normale Hexe mit Ambitionen zum Elternbeirat, überlistet den Fluch und erhält einen neuen Ehemann. Zusammen weilen sie nun im schönen Heim, sind in der Dorfgemeinde akzeptiert und sterben eines Tages vor Langeweile.
Vielleicht ist auch Regisseur Griffin Dunne manchmal im Regiestuhl eingenickt. Die Inszenierung ist farb-, plan- und saftlos. Bullock und Kidman gehen betulich miteinander um, als hätten sie Angst, sich gegenseitig an die Wand zu spielen. Zauberhafte Schwestern gehört in die Kategorie "Star-Kino ohne Stars". Und eine Frage klären die drei Drehbuchautoren erst gar nicht: Warum verzaubern sich die Frauen nicht in Lesben, wenn sie mit Männerliebe so viel Ungemach erleben?

Ulf Lippitz