STATUS YO!
Reimzwang
Ein frischer Blick auf die Berliner HipHop-SzeneWenn deutsche Filme die jugendliche Zielgruppe ansteuern, geht das meistens daneben. Die einen wedeln mit sozialarbeiterischer Didaktik, andere landen in pseudopubertärer Verblödung. Und dann gibt es ganz selten Filme wie Status Yo!. Filme, bei denen man das Gefühl hat, die wissen, wovon sie reden. Status Yo! steigt tief in die Berliner Hip-Hop-Szene. Dabei geht es weniger darum, ein Musikvideo auf Spielfilmlänge aufzublasen, als vielmehr Hip-Hop als Lebensgefühl begreifbar zu machen.
Der Film folgt fünf Rappern, Scratchern und Breakern 24 Stunden lang durch den hürdenreichen Alltag. Der Zivildienstleistende Sera spricht fast nur im Hip-Hop-Versmaß. "Wenn du noch einmal reimst, fliegt du raus!", sagt die Chefin im Altersheim, und schon ist Sera seinen Job los. Saession hat sich mit Kreuzberger Hinterhofmafiosi eingelassen und Stress mit seiner Freundin Yesim, die von ihrem Bruder beinahe in die Türkei verschleppt wird. Bei Vern ist Denken und Reden das gleiche, was das Leben nicht immer erleichtert. Mit seinen Break-Dance-Kumpels hat er endlich einen Job als Tänzer in einem Musikvideo. Dany, der Sprayer, träumt davon, einen ganzen S-Bahn-Zug zu bemalen, und Yaneq will die größte Hip-Hop-Party der Stadt auf die Beine stellen.
Im Stroboskop-Verfahren schneidet Till Hastreiter zwischen den Episoden hin und her, bringt aber langsam Rhythmus in die Erzählung, lässt die Stränge überlappen und führt sie am Schluss zur großen Party zusammen. Hastreiter, selbst bekennender Hip-Hop-Fan, hat lange in der Szene recherchiert. Als "dokumentierte Fiktion" bezeichnet er sein Verfahren, ein Drehbuchgerüst in die bestehende Realität einzusetzen. Status Yo! vermittelt ein lebendiges, hochvernügliches Bild von einer Kultur, in der individuelle Originalität mehr zählt als pseudocooler Gruppenzwang. Vor den wirbelnden Tanzbewegungen der Breaker muss sogar in einer überdreht-eleganten Kampfsequenz eine Bande von Keulen schwingenden Skinheads kapitulieren.
Martin Schwickert
D/CH 2004. R&B: Till Hastreiter K: Tamas Kemenyffy, Robert Raslton. D: DJ Quest, Sera, Yesim, Yaneq, Vivi
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