THE WRESTLER Würde mit Haarnetz Mickey Rourke ist eigentlich seit 2002 wieder da. Aber jetzt kann es auch der letzte Kritiker merken. In den Achtzigern war Randy "The Ram" (Mickey Rourke) ein gefeierter Wrestling-Star. Heute hält sich der Hüne mit der blond gefärbten Mähne durch gelegentliche Schaukämpfe in heruntergekommenen Schulsporthallen und einem Supermarktjob über Wasser. Zu Beginn zeigt Darren Aronofskys The Wrestler seinen angeschlagenen Helden nur von hinten, wie er seinen schweren, schmerzenden Körper durch den kalten Winter in New Jersey trägt. Es dauert lange, bis die Kamera den Blick auf das vernarbte Gesicht von Mickey Rourke freigibt. Genau wie Randy war Rourke in den Achtzigern ein gefeierter Star. Dann kam der Absturz: Drogen, Alkohol, Schlägereien - in Hollywood wollte kaum einer den unkontrollierbaren Exzentriker unter Vertrag nehmen. The Wrestler ist Rourkes unwiderrufliches Comeback. Schon nach wenigen Filmminuten kann man sich keinen anderen in dieser Rolle vorstellen. Der Film begleitet den professionellen Wrestler bei seinem Versuch, die eigene Karriere noch einmal anzustoßen. Nur im Ring fühlt sich Randy zu Hause, wenn das johlende Publikum ihn umschließt. Zu seinem Markenzeichen gehört es sich vom Eckpfosten des Rings mit einem Hechtsprung auf seinen Gegner zu werfen. Natürlich sind die Kämpfe inszeniert. In der Umkleide wird die Showstrategie festgelegt und mit Schmerztabletten und Steroiden gehandelt. Anders als bei Rocky Balboa fällt Randys Comeback wenig ruhmreich aus. Als er nach einem Kampf einen Herzinfarkt bekommt, raten die Ärzte eindringlich zur Umschulung. Nicht nur im Scheinwerferlicht, sondern auch in den dunklen Winkeln seines Privatlebens will Randy aufräumen. Die Versuche, mit seiner erwachsenen Tochter wieder in Kontakt zu treten, wirken ähnlich unbeholfen wie die, das Herz der Stripperin Cassidy (Marisa Tomei) zu gewinnen. Der Film zeigt Wrestling-Sport als ins Groteske übersteigerte Form des Showgeschäfts und landet damit wieder bei seinem Hauptdarsteller, der in Hollywood die Höhen und Tiefen des Gewerbes gründlich ausgelotet hat. Rourke legt diesen zerbrechenden Kraftprotz als schlichtes aber keineswegs unsensibles Gemüt an. Der wuchtige Körper scheint manchmal gar nicht zu dem Menschen zu gehören, den man immer mehr kennen und schätzen lernt. Zu wirklicher Hochform läuft Rourke mit Kittelschürze und Haarnetz bekleidet hinter der Theke der Feinkostabteilung auf, wo er das ganze traurige Dilemma, aber auch die menschliche Würde seiner Figur auf den Punkt bringt. Gerade bei dieser Gratwanderung am Abgrund der Lächerlichkeit beweist Rourke sein schauspielerisches Format, das er sich in diesem Film eindrucksvoll zurück erarbeitet hat. Martin Schwickert USA 2008 R: Darren Aronofsky B: Robert D. Siegel K: Maryse Alberti D: Mickey Rourke, Marisa Tomei, Evan Rachel Wood
|