DIE WOLKE

Verstrahlte Liebe

Ein naiver, missratener deutscher Katastrophenfilm

Als Das China Syndrom am 16 März 1979 in die US-Kinos kam, interessierte sich kaum jemand für die Darstellung eines Reaktorunfalls in den USA. 13 Tage später kam es in einem Kernkraftwerk auf Three Mile Island zu einer partiellen Kernschmelze. Das Thema Atomenergie war plötzlich in aller Munde - und der Film wurde zum Welterfolg. Gregor Schnitzlers Die Wolke dürfte ein anderes Schicksal widerfahren.
Die Geschichte eines fiktiven Kernkraftunglücks in der Nähe von Bad Hersfeld wird uns anhand des Schicksals der 16jährigen Hannah erzählt, die versucht, mit ihrem kleinen Bruder der herannahenden nuklearen Wolke zu entkommen. Dank allgemeinem Chaos, schlechter Informationslage und der Tatsache, dass sie einfach zu nah an der Stelle des Unglücks lebt, geht dies ziemlich daneben - mit dem Resultat, dass die zweite Hälfte des Films zu einer verstrahlten Liebesgeschichte im Auffanglager bei Hamburg wird.
All dies wäre noch ansatzweise erträglich, wenn es Regisseur Schnitzler gelungen wäre, das schleichende Grauen der unsichtbaren nuklearen Zerstörung, das Chaos der Massenflucht und die Tragödien auch nur ansatzweise adäquat darzustellen, etwas, das selbst der mittelmäßigste amerikanische TV-Film inzwischen hinbekommt. Die Wolke verbringt sdtattdessen viel Zeit damit, uns mit Sozialneid, Plattitüden über die Verantwortung des Staates und filmisch äußerst unterdimensionierten Massenfluchtszenen zu langweilen, mit dem Resultat, dass es uns herzlich wenig interessiert, wer letzten Endes überlebt und warum.
Dem Film kann man wahlweise Verharmlosung oder Panikmache vorwerfen, aber der entscheidende Einwand ist, dass er nicht unterhält, nicht berührt. Bei solch einem Thema ist das eine erstaunliche Leistung.

Karsten Kastelan

D 2006 R: Gregor Schnitzler. B: Marco Kreuzpaintner. K: Michael Mieke. D: Paula Kalenberg, Franz Dinda, Hans-Laurin Beyerling, Tom Wlaschiha, Richy Müller, Claire Oetkers, Gabriela