DER WIXXER


Alte Schrecken

Oliver Kalkofe knöpft sich Edgar Wallace vor

Wer heute so um die 40 ist, hat mit diesen Filmen das Fürchten gelernt: Wenn "Hallo, hier spricht Edgar Wallace" aus dem Monolautsprecher schepperte und das Blut dunkelgrau über die Schwarz-Weiß-Mattscheibe floss, dann wurden die Schlafanzugbeine heruntergezogen und das Sofakissen fest vor den Bauch geschnürt. Der Hexer, Das indische Tuch, Der Frosch mit der Maske - nach solchen Filmen ging keiner mehr in den Keller Bier und Brause holen. Das ist heute schwer vorstellbar, wo Zehnjährige sich Dawn of the Dead als Gute-Nacht-Geschichte anschauen, aber damals gab es eben nur drei Fernsehprogramme, und die waren sehr öffentlich und rechtlich.
Die Edgar-Wallace-Verfilmungen gehören zu den wenigen Werken der westdeutschen Popkultur aus den 60er Jahren, die sich einen gewissen Kultstatus erarbeitet haben. Jockel Fuchsberger als Ermittler, Eddi Arent als Witzfigur und die alptraumhaften Glubschaugen des jungen Klaus Kinski entwickeln in der abgebrühten Mediengesellschaft von heute ein unwiderstehliches Trash-Appeal. Wenn Hollywood seine Kultserien wie Drei Engel für Charlie und Starsky & Hutch für das retrosüchtige Publikum recycelt, warum sollte das nicht auch mit den guten, alten Wallace-Filmen gelingen?
Diese Frage stellten sich wohl die Macher von Der Wixxer: Regisseur Tobi Baumann und die Autoren Oliver Kalkofe und Bastian Pastewka. Die Drei bringen gute und weniger gute Vorraussetzungen für eine Wallace-Hommage mit. Auf der einen Seite sind sie bekennende Fans der schrulligen Originale, auf der anderen Aktivisten der bundesdeutschen Comedy-Szene, bei denen immer die Gefahr der komödiantischen Selbstbespiegelung besteht. Wenn sich am Anfang Anke Engelke und Olli Dittrich als sächsische Touristen durch dunkle Wälder schnatternd den Weg zur BlackWhiteCastle bahnen, glaubt man den Film schon an den deutschen Schenkelklopfhumor verloren. Aber dann tritt der Mönch mit der Peitsche ins Bild und ihm folgen weitere skurrile Helden des Wallace-Universums, die erfolgreich den Kampf gegen allzu platte Comedy-Auswüchse aufnehmen. Der Wixxer ist dann gut und komisch, wenn er nahe an den Originalen bleibt, die Figuren nur leicht überzeichnet und der stereotypisierten Handlung der Krimiklassiker hingebungsvoll folgt.
Sich selbst hat Kalkofe die Rolle des Inspectors Evenlonger angedichtet, der eher an den heruntergekommenen Schimanski erinnert, als an den gut gebügelten Fuchsberger. Bastian Pastewka läuft mit Anzug und Melone als gelungene Eddie-Arent-Reinkarnation durch den Film. Die Herren von Scotland-Yard ermitteln gegen einen Übeltäter, der sich unter dem wenig schmeichelhaften Decknamen "Der Wixxer" durch die Londoner Unterwelt mordet, und landen im BlackWhiteCastle, wo der Earl of Cockwood (Thomas Fritsch) einen Girl-Group-Handel betreibt.
Mit sichtbarem Vergnügen plündert sich Der Wixxer durch das obskure Figurenarsenal der Wallace-Filme. Auch wenn viele Pointen etwas zu flach abgeschossen werden, so macht der Film doch Spaß, weil er sich mit ausstatterischer Hingabe in die künstliche Welt der pseudobritischen, urdeutschen Krimiserie begibt.

Martin Schwickert
D 2004 R: Tobi Baumann B: Oliver Kalkofe, Oliver Welke, Bastian Pastewka K: Gerhard Schirlo D: Oliver Kalkofe, Bastian Pastewka, Tanja Wenzel