WILLENBROCK
Kleine Fluchten Liebeswirren im deutschen OstenWillenbrock (Axel Prahl) hat im Leben alles bekommen, was er wollte: ein florierendes Geschäft, eine schöne Frau, ein eigenes Haus und "sehr viel Spaß", wie seine Stimme zu Beginn aus dem Off erzählt. Mit der Professorin Vera (Dagmar Manzel) trifft er sich alle paar Monate auf einen Hotelquickie, und neuerdings hat der Autohändler ein Auge auf die Tochter seines Nachtwächters geworfen.
Eigentlich ist die Literaturstudentin Anne (Anna Ratte-Poll) viel zu jung für ihn. Aber ein erfahrender Frauenheld wächst mit seinen Aufgaben. Willenbrock hat sein Leben im Griff, denn er hält die Dinge in der Waage. Nach jedem Treffen mit einer Anderen bringt er Susanne (Inka Friedrich) Blumen mit. Aber als das Ehepaar in seinem Wochenendhaus Opfer eines brutalen Überfalls wird, bekommt das männliche Selbstbewusstsein plötzlich Sprünge. Auch Susanne scheint nach dem verängstigenden Erlebnis nicht wieder in ihr altes verlogenes Leben zurückkehren zu wollen.
Mit Willenbrock verfilmt Andreas Dresen (Halbe Treppe) den gleichnamigen Roman von Christoph Hein. Dresens Stärke ist die enge Verbindung zum Alltäglichen. Halbe Treppe war deshalb so komisch und berührend, weil man hier keinen falschen Ton, keine Dialogzeile finden konnte, die so nicht auch an der Curry-Wurst-Bude oder in einer Frankfurter Plattenbauwohnung gesagt werden könnte. Mit Willenbrock widmet sich Dresen dem ostdeutschen Mittelstand. Und man merkt, dass das Milieu dem Regisseur weniger nahe liegt. So sehr der wunderbare Axel Prahl sich auch in die Rolle des gewieften Autohändlers hineinkniet - seine Figur trägt immer auch die Last des Exemplarischen. Etwas bemüht wirkt etwa der Verweis auf einen Maler (Christian Grashof), der Bilder über den Tod malt und dem kriselnden Kleinkapitalisten zu etwas Nachdenklichkeit verhilft
Willenbrock hat immer noch mehr authentisches Lebensgefühl in seinen Adern als manche andere deutsche Kinoproduktion. Aber erstmalig diktieren bei Dresen nicht die Figuren, sondern ein höherer Autorenwille das Geschehen.
Martin Schwickert
D 2005 R: Andreas Dresen B: Laila Stieler nach dem gleichn. Roman von Christoph Hein K: Michael Hammon D: Axel Prahl, Inka Friedrich, Anne Ratte-Polle
|