IN DIE WILDNIS Nature Calls Sean Penns romantisches Road-Movie vermeidet die typischen Genre-Fehler Radikal bricht Christopher McCandless (Emile Hirsch) mit seinem bisherigen Leben. Das Sparguthaben, mit dem die Eltern sein Jurastudium finanzieren wollten, überweist er als Spende an "Oxfam". Ein paar Wochen später verbrennt er Bargeld und Kreditkarten im morgendlichen Lagerfeuer. Schließlich vernichtet er sogar seinen Ausweis, um sich von den letzten Spuren seiner alten Identität zu befreien. Sean Penns In die Wildnis erzählt von einem jungen Mann, der sich nicht damit abfinden will, dass sein Leben vorgezeichnet ist, der genug hat von der Selbstzufriedenheit der Wohlstandsgesellschaft, von Karriereplänen und materiellem Sicherheitsdenken. Eigentlich wäre Chris in den 70ern besser aufgehoben, als eine ganze Jugendkultur seinen Aufbruchs-Elan teilte. Irgendwann auf seinem Weg kreuz und quer durch die USA trifft er auf ein altes Hippie-Paar, das mit einem bunt bemalten Bus durch die Gegend reist und trotzdem weit entfernt ist vom Weg zur ewigen Glückseligkeit. Von Ost nach West und von Süd nach Nord durchmisst Chris das Land, erprobt das einfache Leben als Farmergehilfe im Mittleren Westen, lässt sich an der Küste Kaliforniens vom Wind des Pazifiks durchwehen, paddelt mit einem Kanu bis zur mexikanischen Grenze, schlägt sein Zelt in kargen Wüstenlandschaften auf und findet doch nirgends das, wonach er eigentlich sucht: die radikale Konfrontation mit sich selbst, um das eigene Leben wahrhaftig und unverfälscht zu spüren. Schließlich zieht es ihn in die menschenleere Weite Alaskas, wo er allein mit sich selbst, der Natur und ihren Gewalten zum Kern seiner Existenz vordringen will. Mit hoher Sensibilität und visueller Brillanz erzählt Sean Penn in seiner vierten Regiearbeit vom radikalen Selbsterfahrungstrip seines Protagonisten. Dem Roman von Jon Krakauer folgend, beruft er sich dabei auf die Erlebnisse des 22jährigen Christopher McCandless, dessen Leichnam zusammen mit seinem Tagebuch 1992 in einem verlassenen Kleinbus in Alaska gefunden wurde. Ganz ohne sentimentale Dramatisierungen stellt Penn in seinem existenziellen Road-Movie eine emotionale Intensität her, wie man sie nur noch selten im Kino erlebt. In die Wildnis ist ein mit berauschenden Bildern komponiertes Poem, das von der jugendlichen Sehnsucht nach einem wahren Leben jenseits von Karriere und Kreditkarten erzählt. Martin Schwickert Into the Wild. USA 2007 R: Sean Penn B: Sean Penn nach einem Roman von Jon Krakauer K: Eric Gautier D: Emile Hirsch, Marcia Gay Harden, William Hurt Das Interview zum Film
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