We Steal Secrets: Die WikiLeaks Geschichte Julians Geheimnisse Eine Dokumentation über den Mann, der König sein wollte Julian Assange sitzt in der Botschaft von Ecuador in London und kann nicht weg. Seit über einem Jahr will der Gründer und Kopf der bekannten Whistleblower-Plattform "WikiLEaks" England verlassen und traut sich nicht zum Flughafen. Denn Schweden hat einen Auslieferungsantrag gestellt, Assange soll befragt werden zu einer Anzeige wegen Vergewaltigung. Assange vermutet, er solle nach Schweden gelockt werden, um an die USA ausgeliefert zu werden. Bevor Edward Snowdon vor ein paar Wochen zum meistgehassten Ausplauderer in den USA wurde, hatte der Australier Assange diese Rolle inne, und er genoss sie. Wie sehr, das zeigt diese mehr als zweistündige Dokumentation von Alex Gibney, für den allerdings eher der Soldat Bradley Manning der Held ist. Manning verschaffte WikiLeaks Zugang zu zehntausenden von Dokumenten, die bewiesen, wie sehr der Irak-Krieg aus dem Ruder gelaufen war. Später kamen noch haufenweise Telegramme von US-Botschaften in aller Welt hinzu, deren Inhalte für die USA mehr als peinlich waren. Während Julian Assange in der Botschaft Equadors einen minimalen Lebensstandard genießt, steht Manning in den USA inzwischen vor Gericht; ihm droht die Todesstrafe. Gibneys Dokumentation schafft zunehmend Distanz zwischen dem Zuschauer und dem eitlen Julian Assange, der sich nur gegen Honorar oder Spitzeldienste interviewen lassen wollte, beides lehnte Gibney ab. Er kratzt auch genüsslich an dessen Glaubwürdigkeit, wenn er verbreitet, dass Assange, der Verfechter des freien Datenstroms und des ungeschützten Wissens, seinen Mitarbeitern Verträge aufdrängte, wonach sie Millionenbeträge an Strafen zu zahlen hätten, sollten sie etwas über die Arbeit bei WikiLeaks ausplaudern. Zum Ende von WikiLeaks und der seltsamen Rolle von Daniel Domscheit-Berg sagt der Film wenig. Der Assange-Stellvertreter und spätere Renegat Domscheit-Berg setzte sich mit einem dicken Softwarepaket unterm Arm eines Tages ab und legte die Plattform "WikiLeaks" vorübergehend still. Inzwischen betreibt er ein eigenes Portal. Dass der Mut des tragischen Helden Bradley Manning, dessen Biografie, neben Assange, im Mittelpunkt der Dokumentation steht, die Welt ein bisschen verändert hat, legt der Film nahe. Ob es die Opfer wert war, die es gekostet hat, bleibt offen. We steal secrets (das Zitat stammt übrigens nicht von Assange, sondern von einem Ex-CIA-Boss) wurde lange vor dem "Prism"-Skandal und der "Tempora"-Enthüllung gedreht. Viele Statements über die Lust am Datensammeln und der Staatsparanoia kommen einem beinahe niedlich vor. Dies beim Betrachten des Films zu merken ist nicht der schlechteste Effekt, den eine Dokumentation haben kann. Thomas Friedrich USA 2013 R: Alex Gibney K: Maryse Alberte D: Julian Assange, Adrian Lamo, Bradley Manning, Daniel Domscheit-Berg
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