The Way Back Ein weiter Weg Unterwegs mit Peter Weir Die Abstände zwischen den Filmen des Australiers Peter Weir werden immer größer. Sieben Jahre ist es her, dass er mit Master & Commander ein konventionelles, dabei recht erfolgreiches Stück Abenteuer-Kino inszenierte. Mit The Way Back wagt er sich nach mehr als 25 Jahren zurück aufs politische Parkett. Aber so wie Ein Jahr in der Hölle 1982 die indonesische Revolte nur als Hintergrund einer Liebesgeschichte nutzte, so ist hier das stalinistische Lagersystem nur optischer Vorwand für eine Landschaftsschau in Asien; nicht umsonst gehört National Geographic zu den Produzenten des Films; ernsthaft. Der Film braucht nur wenige Minuten, um uns in der Zeit abzusetzen: 1939 überfallen Hitler und Stalin Polen, die Deutschen ermorden die polnische Intelligenz an Ort und Stelle, die Sowjets schaffen sie nach Sibirien zur Sklavenarbeit. So trifft der Pole Janusz, dessen Frau ihn unter Folter als "Parteifeind" denunzierte, in einem sibirischen Arbeitslager ein, wo er auf andere Polen, auf Russen und sogar auf einen Amerikaner stößt. Bald entschließt man sich zur gemeinsamen Flucht (die sehr unspektakulär verläuft), und fortan und anderthalb Stunden lang läuft die kleine Gruppe Flüchtiger immer nach Süden, bis nach Indien. Der lange Weg nach Süden dient dabei mehr der Landschaftsabbildung als der Gruppenfindung. Geradezu trotzig sperren sich alle Figuren gegen eine psychologische Ausdeutung, durch eine eher sprunghafte Inszenierung unterstreicht Weir den Willen, kein normales Road- oder Escape-Movie drehen zu wollen: Die Gruppe findet auf der Reise nicht zusammen, und wir finden keinen Zugang zu den einzelnen Menschen, über die wir so gut wie nichts erfahren. Dafür hat Weir seine Schauspieler offensichtlich zum Overacting ermutigt, was bei Ed Harris und Jim Sturgess zur Überzeichnung führt, mündet bei Colin Farrell direkt in der Knallcharge. Sein finsterer Kleinkrimineller Valka überschreitet immer wieder die Grenze zur unfreiwilligen Komik. Erstaunlicherweise entwickelt The Way Back trotzdem Spannung und Atmosphäre. Einzelne Szenen sind, trotz aller Klischeehuberei, immer wieder berührend. Das gemeinsame Rasten am Fluss, die Begegnung mit bizarren Reitern in der Mongolei, die Begegnung mit dem seltsamen Mädchen (Saoirse Ronan, gerade noch in Wer ist Hannah? zu sehen) - all das sind zutiefst filmische Momente, perfekt inszeniert, mit hohem emotionalen Gehalt. Nur einen zusammenhängenden Film ergibt das nicht. Und das peinliche, hastige Ende deutet an, dass Weir nicht so richtig wusste, wie er aus dem Ding wieder herauskommen sollte. Co-Produzent und Co-Autor Keith R. Clarke hat vor Jahren das Drehbuch geschrieben zum TV-Feature "The Art of Action: Martial Arts in Motion Pictures". Da war der Weg zum mehr als zweistündigen Flüchtlingsepos dann vielleicht doch ein bisschen weit. Victor Lachner USA 2010 R: Peter Weir B: Peter Weir, Keith R. Clarke K: Russell Boyd D: Dragos Bucur, Ed Harris, Colin Farrell, Jim Sturgess, Saoirse Ronan
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