YOUNG VICTORIA

Pärchenbildung

Eine recht freie Fantasie über die Mädchenjahre einer Königin

Dieser Historien-Film war eine Herzensangelegenheit für die gegenwärtige Herzogin von York. Sarah Ferguson wollte unbedingt nachweisen, dass Queen Victoria, die einem ganzen, strengen Zeitalter ihren Namen gab, nicht nur eine starke Frau war, sondern vor allem liebevoll und lebenslustig. Jedenfalls als junges Mädchen, das im goldenen Käfig von höfischer Etikette und politischen Intrigen ihren eigenen Weg sucht und ausgerechnet in einem von anderen taktisch ausgesuchten Ehebewerber die große Liebe ihres Lebens findet.

Der kanadische Regisseur Jean-Marc Vallée setzte die Sissisierung der Matronen-Ikone Victoria mit einem ungeheuren Aufwand an Kostümen (oscarprämiert), Frisuren und Inneneinrichtung um und ließ den deutschen Kameramann Hagen Bogdanski ebenso schwelgerische wie sinnreiche Bilder dazu machen. Mal reichen die Füße der jungen Victoria bei der Thronbesteigung nicht an den Fußschemel, immer wieder schließen sich Torgitter vor der Gefangenen der Umstände, und überdeutlich stehen Schachspiel und Walzer als zwei Lebensauffassungen im Kontrast.

Victoria lernt ihren Albert von Sachsen-Coburg im Salon kennen, wo sie gesellschaftlich kontrolliert Schach spielen und sich sofort überdeutlich als Spielfiguren fremder Mächte erkennen. Albert lässt sich von seinen Höflingen widerwillig den neuen Modetanz beibringen und wiegt sich fortan immer einszweidrei, wenn er an Victoria denkt. So könnte es gewesen sein.

Derweil gibt Victoria allein zu Haus das Trotzköpfchen. Sie überwirft sich mit ihrer Mutter, sie rebelliert gegen das Reglement, ja scheint sogar eine soziale Ader zu entwickeln, von der man bisher gar nichts wusste. Für Nicht-Engländer oder Royalismusferne ist allerdings kaum nachvollziehbar, wer sich da mit welchen Hintergedanken um Einfluss auf die kommende Königin streitet.

Alle anderen können in der Brieffreundschaft schwelgen, die Albert und Victoria in eleganten Wechselschnitten pflegen, bis endlich das schnell reifende Staatsoberhaupt erkennt, dass ihr Schach- und Tanzpartner der richtige ist. So könnte es wirklich gewesen sein. Aber warum muss sich Albert im Film völlig erfunden in die Schussbahn eines Attentäters werfen? Weil Engländer die heroische Tat des Deutschen eh sofort als Märchen erkennen?

Wing

USA/GB 2009. R: Jean-Marc Vallée B: Julian Fellowes K: Hagen Bogdanski D: Emily Blunt, Rupert Friend, Miranda Richardson, Thomas Kretschmann