VERRÜCKT/SCHÖN Klischees kopfüber
Verwöhntes Mädel und armer Latino lieben sich Zwischen Carlos (Jay Hernandez) und Nicole (Kirsten Dunst) liegen Welten und eine soziale Hierarchie, die sie immer wieder auseinandertreibt. Eine klassische Romeo-und-Julia-Geschichte erzählt John Stockwells verrückt/schön und lässt die Lebenswelten einer luxusgewöhnten Kongressabgeordnetentochter und die eines Latinojungen aus den verarmten Vororten von L.A. aufeinanderprallen. Zwei Stunden pendelt Carlos jeden morgen mit dem Bus quer durch die Stadt, um pünktlich in die Nobelschule von Pacific Palisades zu kommen. Ein staatliches Austauschprogramm hat ihm den Platz an der exklusiven Highschool verschafft, und Carlos ist entschlossen, seine Ausbildungschance zu nutzen. Nicole hingegen fährt mit dem eigenen Wagen vor und kommt trotzdem meistens zu spät. All das, wovon Carlos träumt, ist Nicole bereits in den Schoß gefallen. Nur dass die rebellische Tochter des liberalen Berufspolitikers nichts mit dem selbstverständlichen Reichtum anfangen kann. Kleidung und Haare demonstrativ verschlampt, driftet sie haltlos durch ihr drogengesättigtes Dasein. Ihre Mutter hat sich vor Jahren das Leben genommen, in der neuen Ehe ihres Vaters gilt Nicole als lästige Altlast. Gegensätze ziehen sich an - mit dieser Drehbuchweisheit im Gepäck ist schon so manche Filmromanze im Tümpel behaupteter Gefühle untergegangen. verrückt/schön füllt das Klischee mit Leben und bringt die Widersprüche zwischen dem strebsamen Latino und dem chaotischen Upper-Class-Girl in Dialog miteinander. Die Stereotypen werden gewinnbringend auf den Kopf gestellt. Gegenüber dem schüchternen Carlos ergreift die weitaus erfahrenere Nicole die Initiative, und nicht der Ghetto-Junge gefährdet die Tochter aus gutem Hause, sondern umgekehrt. Durch die Wirren der Liebe verliert Carlos sein streng fokussiertes Leben aus dem Auge, während Nicole durch ihn an Halt gewinnt. Die junge Kirsten Dunst ( Virgin Suicides ) stellt sich den emotionalen Wechselbädern ihrer Figur, ohne in naheliegendes overacting zu verfallen, Jay Hernandez handhabt seine erste Rolle mit charismatischer Gelassenheit. Hier stimmt die Chemie wie schon lange nicht mehr in einer Teenager-Romanze. Stockwell verankert seine herzzerreißende Liebesgeschichte fest in den sozialen Verhältnissen, herausgekommen ist eine äußerst glaubwürdige Teenie-Love-Story, die ihre Protagonisten ebenso ernst nimmt, wie ihr Zielpublikum.
Martin Schwickert
crazy/beautiful USA 2001 R: John Stockwell B: Phil Hay, Matt Manfredi K: Shane Hurlbut D: Kirsten Dunst, Jay Hernandez, Bruce Davison
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