VERLIEBT IN EINE HEXE

Auf Anfang
Nicole Kidman wollte sich mal entspannen..

Als die Gebrüder Grimm noch das Sagen hatten, waren Hexen furchteinflößende Wesen mit Buckel, Warzen, Krückstock und einem leichten Hang zum Kannibalismus. Die moderne Hexe von heute hingegen hat einen clerasilklaren Teint, dauergewelltes blondes Haar, einen schlanken, diätischen Körperbau und sieht aus wie - sagen wir einmal - Nicole Kidman. Es gibt viele Menschen (und auch Filmkritiker), die behaupten, die Kidman könne einfach alles spielen. Egal ob suizidgefährdete Schriftstellerin (The Hours), afrikanische Bürgerrechtlerin (Die Dolmetscherin) oder ungebildete Putzfrau (Der menschliche Makel) - in Hollywood steht ihr jede Schublade offen.
Nach all den Jahren tiefgründiger Selbstzerfleischung vor der Kamera gönnt sich die Starschauspielerin nun mit Nora Ephrons Komödie Verliebt in eine Hexe ein wenig unterhaltsame Oberflächlichkeit, und scheitert auf ganzer Linie. Kidman spielt eine Hexe, die keine mehr sein will. Ausgerechnet in Beverly Hills möchte Isabel ein normales Leben beginnen und einen Mann finden, der sich so ganz ohne Zauberei in sie verliebt. In der Beziehungsratgeber-Ecke der Bibliothek trifft sie auf Jack (Will Farrell), der nur Augen für ihre Nase hat. Die kann Isabel nämlich so schön kräuseln wie nur eine vor ihr: Elizabeth Montgomery, die in den 60ern in der TV-Serie Bewitched reüssierte, welche nun unter Jacks schauspielerischer Mitwirkung neu aufgelegt werden soll. Und - man glaubt es nicht - die Fernsehshow handelt doch tatsächlich von einer Hexe, die keine mehr sein will.
Dass Jack, dessen Hollywoodkarriere gerade den Bach runter geht, die vollkommen unbekannte Laiendarstellerin castet, um sich selbst in ein besseres Licht setzen zu können, ahnt Isabel zunächst nicht. Wir hingegen ahnen sehr deutlich, dass Isabel dem eitlen Egozentriker schon bald die Show stehlen wird. Es kommt zu moderaten Hysterieanfällen am Set und übersichtlichen Verwerfungen zwischen dem angehenden Liebespaar, was Isabels Hexenkünste erneut herausfordert.
Regisseurin und Dehbuchautorin Nora Ephron gilt seit Schlaflos in Seattle in Hollywood als graue Eminenz der romantischen Komödie. Mit Tom Hanks und Meg Ryan hatte sie damals ein All-American-Optimalpaar gecastet. Hier hingegen kreiert sie eine vollkommen dysfunktionale, romantische Paarbeziehung. Nicole Kidman versucht sich verzweifelt im populistischen Grübchenlächeln und kann doch ihre Porzellanpuppenaura nicht abwerfen. Als Komikerin fehlt ihr der Mut zur Lächerlichkeit. Diese Fehlstelle versucht Will Farrell durch ständiges Over-Acting zu füllen, was abgesehen von ein paar gut servierten Pointen etwas ermüdend wirkt. Immerhin hat Kidman als Hexe ein paar brauchbare Zaubertricks auf Lager. Wenn der Handlungsablauf nicht Isabels Vorstellungen entspricht, dreht sie den Zeigefinger gegen den Uhrzeigersinn und der Film läuft rückwärts bis zum Beginn der Szene, die neu gestaltet werden soll. Sehnsüchtig starrt man auf diesen Finger und hofft, dass er sich auch einmal in die andere Richtung bewegt, um schleppende Handlung ein wenig vorzuspulen.

Martin Schwickert
Bewitched) USA 2005 R: Nora Ephron B: Nora Ephron, Delia Ephron K: John Lindley D: Nicole Kidman, Will Ferrell, Shirley MacLaine