VERFÜHRUNG EINER FREMDEN
Mörderrätsel
Halle Berry will Bruce Willis drankriegen
Dies ist ein Film über Geheimnisse. Das heißt: hier muss ein bisschen drumherum geschrieben werden, um die Überraschungseffekte für das geneigte Publikum nicht zu gefährden.
Das wichtigste bei Geheimnisfilmen ist die Frage: Wie gut gelingt es dem Film selbst, sein Geheimnis zu verbergen? Das Zweitwichtigste: Wie gut sind die richtigen und falschen Fährten auslegt, die das Publikum an der Nase herum führen und trotzdem vage erahnen lassen, welche finale Richtung der Film nimmt?
Auf beiden Ebenen erreicht James Foleys Verführung einer Fremden eine hohe, wenn auch nicht die höchste Punktzahl. Auch geübte Kinogänger werden von der Auflösung überrascht sein, und zum gemeinsamen Nachkarteln in der Kneipe (oder bei späterer DVD-Sichtung) bietet der Film genug Stoff.
Im Zentrum der Geschichte steht die investigative Journalistin Rowena (Halle Berry), deren Beruf es ist, Geheimnisse (etwa die homosexuellen Neigungen erzkonservativer Senatoren) zu lüften. Als ihre Freundin aus Kindheitstagen ermordet und verstümmelt aufgefunden wird, nimmt sie die Recherchen in die Hand. Nur wenige Tage zuvor hatte sie Grace getroffen, die ihr von ihrer Chatroom-Affäre mit dem hochrangigen Werbemanager Harrison Hill (Bruce Willis) berichtet hatte. Rowena schleust sich als Hilfskraft in die Firma ein und versucht dem mutmaßlichen Perversling das Handwerk zu legen. Behilflich ist ihr dabei Redaktionsassistent Miles (Giovanni Ribisi), der mehr als kollegiale Gefühle für Rowena empfindet und sich um die computertechnische Seite der Undercover-Aktion kümmert.
Ein Großteil des Annäherungsversuches findet im anonymen Chatroom statt, weshalb sich die Kamera allzu oft in Großaufnahme an blinkende Cursorbalken heftet. Als Gegengewicht wirft sich Halle Berry immer wieder in freizügig gestaltete Designer-Kleidchen, um den polygamen Werbeheini verführend zur Strecke zu bringen.
Wie schon in Monster's Ball und Gothika spielt Berry eine Frau, die sich ihren Weg aus den eigenen quälenden Erfahrungen und Traumata bahnt. Aus dem Spiel mit der blendenden Oberfläche von Berrys Attraktivität speist sich auch das Verwirrungspotenzial des Films.
Insgesamt stilsicher und atmosphärisch dicht inszeniert, besteht das Problem in der Schlusswendung, die der Geschichte in den letzten Minuten unvermittelt eine psychologischen Tiefgang verpasst, von dem man vorher schon gerne etwas gekostet hätte.
Martin Schwickert
Perfect Stranger. USA 2007 USA 2007 R: James Foley B: Todd Komarnicki, Jon Bokenkamp K: Anastas N. Michos D: Halle Berry, Bruce Willis, Giovanni Ribisi , 109 Min.
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