Venus im Pelz
Kammerspiel mit Stöckelschuhen Roman Polanski inszeniert eine Inszenierung Unentwirrbar" - keine der Bewerberinnen, die ins Theater zum Vorsprechen kamen, konnte dieses Wort fehlerfrei aussprechen. Alles Schnepfen und viel zu jung, meint Regisseur und Bühnenautor Thomas Novacheck (Mathieu Amalric), der seine Adaption der Novelle von Leopold Sacher-Masoch aus dem Jahr 1870 in einem kleinen Pariser Theater selbst inszenieren will. Für die Rolle der Vanda, die den unterwerfungswilligen Severin von Kusiemski verführt und erniedrigt, braucht er ein echtes Vollweib und keinen Teenager mit Piepsstimme. Dann spült der Pariser Regen eine viel zu spät kommende Bewerberin (Emmanuelle Seigner) hinein. Das Kaugummi kauende, etwas ordinär wirkende Wesen, das den selben Namen trägt wie die Figur im Stück, scheint keinesfalls für die Rolle einer russischen Adligen in Frage zu kommen. Aber als sie auf der Bühne steht und den ersten Satz spricht, ist Thomas überwältigt und glaubt, seine Vanda gefunden zu haben. Im fortgeschrittenen Alter zieht sich der mittlerweile achtzigjährige Roman Polanski zunehmend in überschaubare Innenräume zurück. Sein letzter Film Gott des Gemetzels spielte in einer New Yorker Wohnung, jetzt hat Polanski das Ensemble weiter auf zwei Personen verkleinert, die den Off-Theatersaal nicht verlassen werden. Aber gerade in der Reduktion offenbart sich hier die ganze Kunst des Altmeisters, der mit Venus im Pelz erneut auf eine Theatervorlage - das gleichnamige Broadway-Stück von David Ives - zurückgreift. Natürlich wird das Theater selbst zum Thema gemacht, das Verhältnis zwischen Regisseur und Schauspielerin unter die Lupe genommen und die Grenzen zwischen Sein und Schein, der Rolle und der eigenen Identität, werden gründlich ausgelotet. Schon bald findet sich Thomas selbst im Part der masochistisch veranlagten Hauptfigur, dringt immer tiefer ins Spiel ein, das ständig unterbrochen wird, um über das eben Gespielte erbittert zu streiten. Mit steigendem, erotischem Auraeinsatz spinnt Vanda, die von Polanskis Ehefrau Emmanuelle Seigner mit Verve verkörpert wird, den Regisseur in das Stück über die Lust an der sexuellen Unterwerfung ein, bis dieser selbst mit Lippenstift und in High-Heels als Vanda über die Bühne stöckelt. Martin Schwickert La Vénus à la fourrure F/P 2013 R: Roman Polanski B: David Ives, Roman Polanski nach einem Theaterstück von David Ives K: Pawel Edelman D: Emmanuelle Seigner, Mathieu Amalric
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