V WIE VENDETTA

B wie Big Brother
Der Staat der Zukunft sieht irgendwie bekannt aus

Wenn sich die Engländer an jedem fünften November vollaufen lassen und mit Feuerwerkskörpern um sich schmeißen, gedenken sie der Festnahme von Guy Fawkes, der an diesem Tag im Jahre 1605 das Parlament in die Luft jagen wollte.
V wie Vendetta beginnt mit einer kurzen Geschichtsstunde zu diesem Thema, bewegt sich dann allerdings schnell ins England des Jahres 2020, das inzwischen, nach dem amerikanischen Krieg und einer großen Seuche, einen ziemlichen Ruck nach rechts gemacht hat. Regiert von Großkanzler Adam Sutler (John Hurt), wirkt das Commonwealth inzwischen mehr wie das Berlin von 1936: Ausgangssperren, Blockwärter, Polizei und Zensur bestimmen den Tagesablauf der Bürger, die dies inzwischen kommentarlos hinnehmen.
Ein Mann namens "V" stellt sich gegen die übermächtige Staatsmacht: verborgen hinter einer Fawkes-Maske und einer Prinz-Eisenherz-Perrücke, rettet er schon in den ersten Minuten die junge Evey (Natalie Portman) vor einer Vergewaltigung, beschallt ganz London mit klassische Musik, jagt das Gerichtsgebäude Old Bailey in die Luft und lässt Londons Bürger wissen, dass er plant, am fünften November des nächsten Jahres das englische Parlament in die Luft zu sprengen. Evey, die dem ganzen Spaß beiwohnen durfte und Fawkes an einem Punkt sogar geholfen hat, wird in die Pläne mit hineingezogen und muss sich nun entscheiden, ob sie zur Komplizin dieses seltsamen Terroristen werden will.
V wie Vendetta, der zum größten Teil in Berlin gedreht wurde und auf einem Comic von 1989 basiert, macht das Beste aus seiner düster-utopischen Prämisse, stolpert aber gelegentlich über allzu aufgesetzte Parallelen zwischen der fiktiven Diktatur der Zukunft und dem dritten Reich; besonders eine lange Sequenz, in der das Schicksal einer lesbischen Schauspielerin erzählt wird, wirkt im Vergleich zum tatsächlichen Holocaust äußerst geschmacklos. Und während Natalie Portman auch mit einer Glatze noch äußerst schnuckelig aussieht, muss Hauptdarsteller Hugo Weaving (Agent Smith aus der Matrix-Trilogie) den ganzen Film hinter einer unbeweglichen Maske verbringen, was seine Performance in die Nähe des traditionellen Kasperletheaters rückt.
Geschrieben von Andy und Larry Wachowski und inszeniert vom ehemaligen Regieassistenten des Matrix-Duos James McTeigue, entpuppt sich V wie Vendetta als düstere Zukunftsvision mit wenig Action, kleinen Macken und ein paar unfreiwillig komischen Momenten, ist aber im Gegensatz zu mancher anderen Comicverfilmung wenigstens unterhaltsam.

Karsten Kastelan
V for Vendetta USA 2006 R: James McTeigue. B: Andy Wachowski, Larry Wachowski. K: Adrian Biddle. D: Natalie Portman, Hugo Weaving, Stephen Rea, John Hurt, Roger Allam, Stephen Fry


Das Interview zum Film