»JOHN CARPENTER'S VAMPIRE«

Kerzengerades Macho-Movie

Der B-Meister schickt die Sauger in die Wüste

Stirb elender Blutsauger!" ist ein klar formulierter Aufforderungssatz. James Woods brüllt ihn immer wieder hinaus, bevor er den untoten Bösewichten zu Leibe rückt. Mit wenigen Worten faßt er hier unmißverständlich das einfach gehaltene Credo von John Carpenter's Vampire zusammen. 104 Filmminuten geht es einzig und allein darum, so viele Blutsauger wie möglich zu töten. Knoblauch, Kreuze und Weihwasser sind als traditionelle Bekämpfungsmittel passé. Was zählt, das sind der hölzerne Pflock mitten ins Herz und übergroße Harpunen, mit deren Hilfe die untoten Gegner in die Sonne gezerrt und dort erbarmungslos frittiert werden.
Als Sondereinsatzkommando des Vatikans heben Jack Crow (James Woods) und seine Mannen Vampirnester aus. Obwohl sie im Zuge des Gemetzels zu Beginn des Films eine enorme Anzahl von Saugern eliminiert haben, zeigen sich die hochspezialisierten Jäger unzufrieden. Der Meistervampir Valek (Thomas Ian Griffith) steht nicht auf der Opferliste. Der Urblutsauger ist das Produkt einer fehlgeschlagenen Exorzismus-Zeremonie im 15.Jahrhundert - gewissermaßen ein katholischer Betriebsunfall. Nun ist der Vater aller Vampire auf der Suche nach jenem ominösen schwarzen Kreuz, das ihn für immer resistent gegen die tödlichen Sonnenstrahlen machen könnte.
Überflüssig zu erwähnen, daß Valek über enorme Kräfte verfügt und z.B. mit einem Handkantenschlag einen Menschenkörper in zwei Hälften zu zerteilen vermag. Aber auch Jack Crow ist ein echter Kerl. Frühkindliche Erlebnisse haben ihn zum erbarmungslosen Jäger werden lassen. Als Vati sich in einen Vampir verwandelte und die geliebte Mutti aussaugte, rammte ihm der kleine Jack einen Holzpflock ins Herz. So etwas setzt ödipale Energien frei, die auch im Erwachsenenalter zu ungeahnten Heldentaten anspornen. Und so wird kräftig geballert, erdolcht und harpuniert, bis hin zum Finale in einer verlassenen Wüstenstadt.
Nach eigenen Bekundungen wollte Regisseur Carpenter eigentlich einen Western drehen, und so hat er den Dracula-Mythos vom naß-kalten Transsylvanien ins sonnige New Mexico verpflanzt. Zwischen den Schlachten holt die Kamera immer wieder zu langen Fahrten durch erlesene westliche Weiten aus. Mit kurzer Lederjacke, knackiger Jeans und Zigarillo im Mundwinkel läuft James Woods wie der letzte Cowboy durch die pralle Mittagssonne.
Vampire hat nichts mit den sensiblen Genre-Dramen wie Interview mit einem Vampir zu tun. Carpenter hat sich westerngerecht für ein kerzengerades Macho-Movie entschieden. Es wimmelt geradezu von phallusförmigen Gerätschaften, verschwitzten Männerfreundschaften und homophobem Imponiergehabe. Dabei treibt der Film seine derben Heldenfiguren bis an den Rand der Karikatur; James Woods versetzt den Super-Machismo seiner Figur mit einer guten Portion Ironie.
Wie Robert Rodriguez in From Dusk Till Dawn verläßt auch Carpenter sich auf die Kunst der Übertreibung. Hier wird derart inflationär gestorben, effektvoll gemordet und phantasievoll massakriert, daß selbst eingefleischte Kino-Pazifisten kapitulieren und sich dem Spektakel amüsiert ergeben müssen.

Martin Schwickert