VALERIE
Fast ganz unten
Ein Model am Ende des Luxus-Lebens
Valerie ist ein Engel fast ganz unten in Berlin. Unberührt vom eigenen Absturz schwebt sie ohne Ziel durch die Stadt. Sie nimmt an Castings für neue Jobs teil, sie verzaubert in einer Eck-Kneipe die Nachtjacken, sie wird versehentlich beinahe Edel-Nutte, sie schläft mit dem Fotografen, damit der Set-Fotos von ihr macht, und sie wirft sie gleich wieder in den Müll, als ihre Agentin keinen Auftrag hat.
Valerie, ein bisschen zu groß und viel zu schlank für eine echte Frau, schwebt durch die Belle Etage eines Hotels ins Luxus-Zimmer - und gleich wieder weg zu einer Party der Schönen und Kreativen. Models giggeln herum, ein wilder Fotograf macht Avancen, das süße Leben steht an der Sektbar und wartet, dass was passiert. Valerie steht daneben, ätherisch, schön und schweigsam. Und völlig pleite.
Am nächsten Morgen kann sie nicht mal mehr das Parkticket bezahlen, um ihren alten Jaguar aus der Hotel-Garage zu fahren. Natürlich platzt auch die Kreditkarte, aber wer würde dieser eleganten Frau nicht gern die Rechnung ins ferne Paris nachschicken? Natürlich an eine falsche Adresse.
Hier könnte eine Gaunerkomödie einsetzen, die davon erzählt, wie die Edel-Welt auf sich selbst herein fällt. Oder ein Sozial-Drama, das bitterlich beklagt, wie dünn das Eis des Wohlstands ist. Und dass auch eine Designer-Strickjacke nicht gegen den Winter der Ignoranz schützt.
Regisseurin Birgit Möller drehte die Episoden von gleich fünf Drehbuchautoren immer um ihre Hauptdarstellerin herum. Agata Buzek war früher selbst Model und spielt den Abstieg ins Nichts mit sehr bewegtem Gesicht, manchmal lakonischem Witz und zugleich seltsam distanziert gegenüber dem eigenen Versagen. Nur einmal weint sie, auf einer Model-Party, verborgen unter einer Affen-Maske. "Ich lebe jetzt seit Tagen in der Tiefgarage" gesteht sie einer Freundin. "Das wird schon", sagt die, und die Party geht weiter.
Glücklicherweise macht Birgit Möller daraus keine Anklage an herzlose Schicksen, die sich gar nicht vorstellen können, in der Café-Bar die Reste vom Nachbartisch essen zu müssen. So entgeht Valerie dem Verdacht, nur ein Luxus-Problem zu erzählen. Und bevor der Film in die umgekehrte Falle tappt, nämlich die Liebe zu einem normalen Menschen als Rettung anzubieten, hört er einfach auf.
Glaubwürdig ist nichts an der Geschichte, aber jedes Bild überzeugt.
WING
D 2006, R: Birgit Möller, B: Ruth Rehmet, Ilja Haller, Milena Baisch, Elke Sudmann, Birgit Möller, K: Kolja Raschke, D: Agata Buzek, David Striesow, Birol Ünel, Anne Sarah Hartung, Guntbert Warns
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