»DER UNHOLD« Nie wieder
Ein Trottel unter Nazis: ein deutscher Regisseur kennt keine Geschichte mehr Einer, der (ganz unverdächtig) Kinder gern hat und beschützen will, gerät im 2. Weltkrieg in Kriegsgefangenschaft, wodurch er schließlich auf einer "Jugendburg" Dienst tut. Dort bilden die Nazis schöne blonde Menschen zu dummen blonden Menschen aus, damit sie dereinst die Rasse bewahren; so oder so. Diesen blonden Kindlein fühlt sich Abél, die Hauptfigur, in väterlicher Fürsorge verbunden. Mehr noch: Der SS-Obersturmbannführer, Chef des Internats, beauftragt Abél, auch in den umliegenden Dörfern nach Kindern Auschau zu halten und sie auf die Burg zu bringen. Wie der Erlkönig (daher der Titel des Romans, auf den sich der Film bezieht) reitet Abél fortan durch den Forst und kidnappt Kinder - nur zu ihrem besten. Für Abél überraschend - nicht für den Zuschauer - kommt auch der Krieg bis vor die Burg. Dann passiert, was in Kriegen immer passiert, es wird recht unappetitlich und ungerecht gestorben. Das verwirrt Abél (nicht daß es ihn läutern würde!), und mit einem geretteten jüdischen Kind auf den Schultern stakst er, wieder fliehend, aus dem Film. Was der Regisseur, Drehbuch(co-)autor und Intellektuelle Volker Schlöndorff mit diesem Film über sich selbst aussagt, damit muß er leben. Wir müssen mit dieser sterbenslangweiligen und altklugen Hochschularbeit leben, die selbst keinerlei Leben besitzt, aufregend wie eine Versuchsanordnung gestaltet und gefilmt wurde und nur überrascht, weil sie ansonsten gute bis hervorragende Schauspieler (Armin Mueller-Stahl, John Malkovich, Dieter Laser, Gottfried John) in grottenschlechter Spiellaune präsentiert. Ein Wort zu den Nazi-Bildern, für die sich Schlöndorff rechtfertigte, bevor er angegriffen wurde: Daß jemand heute noch oder wieder mit Riefenstahlscher Begeisterung Fackelzüge und Nazi-Pomp ästhetisiert, ist weniger eine Frage der politischen Intelligenz als des Geschmacks. Schlöndorff fühlt sich, sein Film läßt daran keinen Zweifel, von derlei Rummel angezogen; das merken wir uns. Perfider sind da schon: die gutgenährten Kriegsgefangenen und KZ-Häftlinge, die "Entlarvung" Görings als Knallcharge (huch, wie mutig!) und das durchweg harmlose Gebahren deutscher Soldaten, wenn sie ins Bild kommen. Den Höhepunkt erreicht Der Unhold in dieser Hinsicht bereits in der ersten halben Stunde, wenn der Kriegsgefangene Abél aus seiner gut geheizten Barracke ins Freie tritt, um dort mit den deutschen Bewachern ein Schnäppschen zu trinken; die Bewacher nämlich stehen frierend und klappernd in der nächtlichen Winterkälte und können einem richtig leid tun. Nein, ich möchte eigentlich keinen Film mehr von Volker Schlöndorff sehen. Den besten Witz liefert die Geschichte: Der Unhold wird von der "Tobis" verliehen, einem Filmverleiher, der unter den Nazis ein paar wirklich üble Sachen herausgebracht hat.
Thomas Friedrich
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