Türkisch für Anfänger

Verloren im Albernen

Die Oztürks müssen ins Dschungelcamp

Die ARD-Vorabendserie Türkisch für Anfänger blieb, was Zuschauerquoten angeht, immer ein wenig hinter den Erwartungen zurück, aber die Reihe um die deutsch-türkische Patchwork-Familie Schneider-Öztürk erarbeitete sich in drei Staffeln einen gewissen Kultstatus, wurde erfolgreich ins Ausland verkauft und heimste Lob und Auszeichnungen ein. Da der Stoff nach 52 Folgen nur noch wenig neue Entwicklungsmöglichkeiten bietet, spult Drehbuchautor Bora Dagtekin, der hier sein Debüt als Regisseur gibt, alles auf Anfang und lässt in seinem "Reboot" die Schneiders und die Oztürks noch einmal neu aufeinander treffen. Dafür steckt er alle Spielteilnehmer in einen Urlaubsflug nach Thailand: Die anti-autoritär erzogene, etwas verklemmte, aber sehr schlagfertige Lena, deren flippige Mutter und Orgasmuskurslehrerin Doris, den breitbeinigen Möchte-Gern-Rapper Cem, dessen streng muslimische Schwester Yagmur, Vater Metin Öztürk und den stotternden Griechen Costa.

Bei einem Flugzeugabsturz landet die multikulturell durchmischte Jugend auf einer verlassenen Insel, während Vater Öztürk und Mutter Schneider gerettet und ins Urlaubsdomizil verbracht werden. In Robinson-Crusoe-Manier erforschen die Gestrandeten die ehemalige Kannibalen-Insel.

Wie die TV-Serie trumpft auch die Kinoversion mit einem politisch unkorrekten Gagfeuerwerk auf. Im Maschinengewehr-Stakkato werden in der ersten halben Stunde die Pointen abgeschossen, wobei die Quantität in deutlichem Gegensatz zur Qualität steht. Der größte Fehler der Leinwandversion ist jedoch, dass die Figuren aus ihrem sozialen Kontext gelöst und in ein Dschungelcamp-Setting hineingeworfen werden. Die abgegriffene Idee führt dazu, dass die Figuren auf sich selbst gestellt nur noch die eigene Stereotypisierung bleibt. Die schicke Strand- und Tropenkulisse sorgt zwar für kinotaugliche Bacardi-Werbebilder, aber vom Culture-Clash, der die TV-Serie so erfolgreich gemacht hat, bleibt in dieser neutralen Zone kaum noch etwas übrig.

Martin Schwickert

D 2012 R&B: Bora Dagtekin K: Torsten Breuer, Benjamin Dernbecher D: Josefine Preuß, Elyas M'Barek, Anna Stieblich