TOMB RAIDER

Brust raus!

Lara Croft wackelt für die Welt

Angesichts der Millardengewinne, die die Cyber-Heroine Lara Croft in den letzten Jahren eingebracht hat, bläst Hollywood die rentable Bildschirmamazone zur überlebensgroßen Leinwandheldin auf. Lara Croft ist Kult, heißt es, und sogar in den Wochenendbeilagen seriöser Tageszeitungen wird die Computerspiel-Ikone zum Kulturgut hochstilisiert. Fest steht auf jeden Fall, dass die Kombination aus prallen Brüsten und durchgeladenen Maschinenpistolen der überschaubaren Bedürfnisstruktur jugendlicher Joystick-User entgegenkommt. Hieran knüpft auch Simon Wests Kinoversion ganz ungeniert an und rückt die beeindruckende Oberweite seiner Hauptdarstellerin mit pubertärer Beharrlichkeit immer wieder ins Zentrum des Cinemascops.

Angelina Jolie wird als neue Sexgöttin im Hollywood-Firmament gehandelt, dieses Image prädestiniert sie für die Rolle der Lara Croft. Nebenbei ist Angelina Jolie auch eine begabte und oscarprämierte Schauspielerin, was sie für diesen Film schon fast wieder disqualifiziert. Worum es in Tomb Raider geht, ist schwer auszumachen. Natürlich steht die Rettung der Welt auf dem Plan. Am Himmel reihen sich Planeten in bedrohlich linearer Weise auf, und in Venedig verschwören sich ungute Zeitgenossen. Zwei Hälften eines magischen Dreiecks - in entlegenen Erdteilen versteckt - sollen zusammengebracht werden, was die Herrschaft über Zeit und Menschenschicksal garantiert. Die Archäologentochter Lara Croft kommt den Geheimbündlern mühelos auf die Schliche. Im Alleingang nimmt sie den Kampf gegen die üblen Verschwörer auf und wenn es eng wird, steht der verstorbene Vater (Jon Voight) in verschwommenen Rückblenden aus dem Jenseits beratend zur Seite.

In vier effektbeladenen Actionszenen werden wahlweise ein englisches Schloss, ein kambodschanischer Tempel und eine sibirische Eishöhle pyrotechnisch zerlegt. Dazwischen wird der Soundtrack hochgefahren, und Angelina Jolie präsentiert ihren Luxuskörper im enganliegenden Lederkombi, einer jugendfrei gestylten Duschszene oder in dezent aufgeknöpftem Pyjama, kunstvoll am Bungee-Seil baumelnd. Drumherum zuckt eine kryptische Spielfilmhandlung, die sich den Gesetzen der Logik vehement entzieht und eine Beleidigung für jede funktionsfähige Gehirnzelle im Publikum darstellt. Am Computerbildschirm könnte man jetzt mit ein paar Mausklicks die Spielebene wechseln. Im Kino hingegen ist man diesem stupiden Feuerwerk lautstarker Langeweile wehrlos ausgeliefert.

Martin Schwickert

USA 2001 R: Simon West B: Patrick Massett, John Zinman K: Peter Menzies D: Angelina Jolie, Manfred Powell