»SWINGERS« Machotalk
Der Mann im Zeichen der 90er Wenn schon der Anrufbeantworter versucht, mit eigenen Wortbeiträgen Trost zu spenden, ist es weit gekommen. Mike (Jon Favreau) ist vor sechs Monaten von New York nach L.A. gezogen, um hier seine Schauspielerkarriere voranzutreiben. Nicht nur die Geschäfte laufen denkbar schlecht, auch seine langjährige College-Liebe hat ihn verlassen. Seitdem hat Mike ein geradezu libidonöses Verhältnis zu seinem Anrufbeantworter entwickelt. Zögernd wird die Taste gedrückt, und die Hoffnung auf eine Nachricht von IHR fällt wieder einmal mit dem letzten Piepton in sich zusammen. Da helfen auch die aufmunternden Worte nichts, die das Gerät mit blecherner Stimme an ihn richtet. In seinem behelfsmäßig eingerichteten Appartment ergeht sich Mike in exzessiven Selbstmitleid und sein Selbstbewußtsein bewegt sich schon lange nicht mehr im meßbaren Bereich. Aber Mike hat Freunde. Allesamt Singles und zusammen machen sie die vermeindlichen In-Parties Hollywoods unsicher. Ausflüge nach Las Vegas gehören genauso zum Aufmunterungsprogramm wie gemeinschaftliches Eishockey-Videospiel mit Chips und Dosenbier. Natürlich sind sie alle ungemein cool drauf, was von weiblicher Seite nur unzureichend honorieret wird. Gemeinsam reden sie auf Mike ein, bringen ihm die geschicktesten Aufreißertricks nahe. Aber Mike vermasselt es immer wieder. Hat er endlich die Telefonnummer von einer Frau ergattert, hinterläßt er in der gleichen Nacht noch sieben verwirrte Nachrichten auf ihrem Band, anstatt mit dem Anruf mindestens zwei Tage zu warten, wie die Kumpels es ihm eingebläut haben. In den Armen einer Neuen beginnt er von der alten Liebe zu erzählen und verspürt plötzlich das unaufschiebbare Bedürfnis seinen Anrufbeantworter abhören zu müssen. Die Geliebte ist zwar von soviel treuem Leid zu Tränen gerührt, die Verführung ist jedoch wieder einmal gründlich mißlungen. In seinem Debütfilm Swingers ergründet der Regisseur Doug Limans die Spezies Mann im Zeichen der 90er Jahre. Etwas unbeholfen hängen die Endzwanziger zwischen Männergruppengeplapper und Macho-Revival in den Seilen. Dabei begleitet der Film seine Akteure aus freundlich-ironischen Blickwinkeln. Ebenso rührend wie hilflos spenden sich die coolen Jungs gegenseitig Seelentrost, und das männliche Balzverhalten in Bars wird in all seiner Peinlichkeit ausgelotet. Das ist manchmal urkomisch, manchmal quälend langatmig, wirkt aber immer treffsicher und authentisch. Doug Limans, der in dieser Low-Budget-Produktion auch hinter der Kamera stand, hat hier ausschließlich mit einer leichten, beweglichen 35mm-Kamera gearbeitet, wie sie sonst vornehmlich im Dokumentarfilm verwendet wird. Die Szenen in den Bars wurden bei laufendem Kneipenbetrieb gedreht, und die Dialoge sind auf dem neusten Stand amerikanischer Slangforschung. Der atmosspärische Realismus ist jedoch gleichzeitig das Problem des Films. Denn zu sehr verläßt sich Swingers auf den Originalitätsgehalt des Authentischen. Was original ist, ist nicht immer auch originell und eine gewisse Straffung der vor sich hin plätschernden Geschichte hätte dem Film ganz gut getan.
Martin Schwickert
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