SWEPT AWAY Zicke im Sand Madonna läßt sich von ihrem Gatten Guy Ritchie filmen - ein Scheidungsgrund? Madonna kann singen. Madonna kann tanzen. Madonna kann ihr Image jedes Jahr neu erfinden. Aber sie kann einfach nicht schauspielern. Unermüdlich versucht sie, das Gegenteil zu beweisen und scheitert dabei derart kläglich, dass sie schon mehrfach mit der Goldenen Himbeere, dem amerikanischen Anti-Oscar, ausgezeichnet wurde. Die neueste Himbeere hat Madonna nun gemeinsam mit ihrem Neugatten Guy Ritchie für Swept Away erhalten. Als die beiden vor den Traualtar traten, fragte man sich, was da wohl bei rauskommen sollte: die Popdiva, die als Ikone weiblicher Unabhängigkeit gilt, und der Machomoviemaker, der mit Filmen wie Bube, Dame, König, Gras und Snatch den flüchtigen Ruf des Kultregisseurs erlangen konnte. Das sadomasochistische Inselkammerspiel Swept Away gibt darauf eine bestürzende Antwort. Ritchie hat hier ein Werk der italienischen Filmemacherin Lina Wertmüller aus dem Jahre 1974 ausgegraben. Die verstörende Liebesgeschichte zwischen einem kommunistischen Fischer und einer verwöhnten Kapitalisten-Gattin setzte sich in einer Zeit, in der die Linke Klassen- und Geschlechterkampf gerne in Haupt- und Nebenwidersprüche aufteilte, bewusst zwischen die Fronten. Pepe (Adriano Gannini) verdient sich sein Geld als Stewart auf einer kleinen Vergnügungsyacht. Eine Gruppe versnobter Amis chartert das Boot und Ambers erste Frage an Bord lautet: "Wo ist der Fitnessraum?". Die verwöhnte Pharmafabrikantengattin ist ein ausgekochtes Miststück und nutzt jede Gelegenheit, um das Schiffspersonal zur Schnecke zu machen. Besonders Pepe drangsaliert sie mit größtmöglicher Herablassung. Pepe ist ein guter Kerl, der den Stolz der einfachen Leute im Herzen trägt. Als die beiden nach einem gescheiterten Schlauchbootausflug auf einer unbewohnten Insel stranden, kehren sich die Machtverhältnisse dramatisch um. Während die Zivilisationszicke dem Überleben in der Wildnis nicht gewachsen ist, hat der sizilianische Naturbursche alle Survivaltricks drauf: Fischen, Feuermachen, Hüttenbauen usw. Als Nahrungsmonopolist macht er sich die Frau untertan, und die findet sogar Gefallen daran. Unterwerfung wird zu Liebe, und die archaische Beziehungskiste lebt dekorativ glücklich am Strand, bis die Zivilisation sie wieder einholt. Die Geschichte lebt von den unverhofften Kehrtwendungen der Charaktere, die ihre Gunst bei den Zuschauern immer neu aufs Spiel setzen. Dafür braucht man gutes Personal vor der Kamera, über das Guy Ritchie nachweislich nicht verfügt. Madonna schlägt sich die komplette erste Hälfte des Films mit einem einzigen Gesichtssausdruck durch und kann den Sadismus ihrer Figur nicht zum Leuchten zu bringen. Penetrant zeigt Guy Ritchie die Popdiva penetrant aus den unvorteilhaftesten Blickwinkeln. Jeder Scheidungsrichter würde den Film als Beweis ehelicher Zerrüttung akzeptieren. Auch Adriano Gannini dringt nicht wirklich in den Machismo seiner Figur ein. Abgesehen von der Schwäche der Inszenierung hat sich auch der Stoff ein wenig überlebt. Im postfeministischen Zeitalter wird der Geschlechterkampf nun doch ein wenig differenzierter ausgetragen als in den politisch aufgeladenen 70er Jahren. Mag sein, dass Ritchie und Madonna im patriarchalen Geharke zwischen dem Fischer und dem Luder, eine Parabel für die eigene Beziehungsführung gesehen haben. Die hätten sie dann aber besser für sich behalten. Martin Schwickert USA 2003 R&B: Guy Ritchie nach dem Film ''Travolti da un Insolito Destino Nell'Azzurro Mare D'Agosto'' von Lina Wertmüller K: Alex Barber D: Madonna, Adriano Giannini, Bruce Greenwood
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