BLACK SWAN

Tütü-Thriller

Natalie Portman tanzt sich die Seele blutig

Regisseur Darren Aronofsky streut das Gerücht, dies sei die andere Seite seines Überraschungserfolgs The Wrestler. Entwickelt aus einer Liebesgeschichte zwischen tumbem Klotz und kalkweißer Tänzerin habe sich Mickey Rourke seiner Seele im Scheinkampf gewidmet, während Natalie Portman nun ihre auf der Bühne verliert, weil dahinter ein blutiges Ringen tobt. Mag sein. Aber alle eindeutigen Schlüsse und Lesarten schaden dem Film nur.

Natalie Portman hat lange trainiert, um eine glaubwürdige Ballerina abzugeben. Es ist ihr gut gelungen. Ihr Choreograph (Vincent Cassel) will sie in seiner Schwanensee-Inszenierung besetzen. Nur fehlt ihm noch die dunkle Seite seiner Hauptfigur, die er mit sexuellen Avancen hervorzulocken hofft. Er möchte einen bezaubernden weißen Schwan und einen bedrohlichen schwarzen in einem Körper haben. Folgerichtig kriegt die strenge Ballerina, die noch mädchenhaft bei ihrer Mutter wohnt, Körperprobleme. Erst Gänsehaut vor Anspannung, später Kratzspuren von Selbstverstümmelungen, schließlich wuchernde Unklarheiten: Bin ich das da im Trainings-Spiegel oder ist es meine Konkurrentin?

Fast wie aus dem Psychosen-Lehrbuch stürzt sich der weiße Schwan in seine Schwarzwerdung, und ganz allmählich baut Aronofsky seine Proben-Szenen mit Klavier zur voll orchestrierten Abendaufführung aus. Der unschuldige weiße Schwan befreit sich von Mutterzwängen, masturbiert gegen Verklemmtheiten an, ermordet eine Konkurrentin und leidet zugleich in immer deutlicheren Bildern unter der allmählichen Vergeflügelung. Zuweilen eindrucksvoll, zuweilen platt. Wer wegen Tschaikowski kommt, kriegt eine Art Amadeus von Polanski, wer wegen Aronofsky kommt, wundert sich über die Story, in der Befreiung nur mit Bestrafung funktioniert. Wer aber je einer Tänzerin ihre Schuhe nachtrug und ihre blutenden Zehen in der Hand hatte, schmilzt dahin.

Schöner Nebengewinn: Winona Ryder hat ein paar Auftritte als abgewrackter Star. Darauf kann sie aufbauen.

Wing

USA 2010. R: Darren Aronofsky B: Mark Heyman, Andrés Heinz, John Mclaughlin K: Matthew Libatique D: Natalie Portman, Mila Kunis, Barbara Hershey, Vincent Cassel, Winona Ryder