STAUB

Wer zahlt, darf meckern

Hartmut Bitomsky dreht einen Film über gar nichts.

Staub, sagt Herr Bitomsky mit seinem unverwechselbaren Sprachfehler aus dem Off, ist das Kleinste, wovon ein Film handeln kann. Er meint das natürlich bildlich, denn Staub ist das, was wir noch sehen können. Bei allem anderen muss es sich um Atomphysik handeln.

Staub liegt meistens herum, erfüllt keinen Zweck und sieht nicht gut aus. Das ist mit diesem Film ähnlich. Bitomsky lässt Leute endlos reden über Staub auf Pflanzen, in Wolken, Wettern und Messproben. Jeder dieser ungeordnet auftretenden Vorträge wäre gar nicht einmal so uninteressant, wenn er denn nach der halben Zeit zuende wäre. Aber Bitomsky, der offensichtlich am anderen Ende der Kamera längst eingeschlafen ist und einen Schneideraum nur vom Hörensagen kennt, lässt die Leute reden und stammeln, bis wir alles Interesse verloren haben.

Da sich über Staub faktisch wirklich nicht viel sagen lässt, hätte dieser Dokumentarfilm eine essayistische Herangehensweise vertragen, den einen oder anderen tiefen Gedanken vielleicht. Etwa dass wir aus Staub gemacht sind und zu Staub... so was in der Richtung. Stattdessen präsentiert uns der Medienprofessor den ersten wasserbetriebenen Staubsauger, den Lotusblüteneffekt, den asbestverseuchten Palast der Republik, Sand aus der Sahara - und immer wieder beim Reinigungsvorgang akkurat filmisch fixierte Putzfrauenärsche. Da bricht offensichtlich der Hang zum Personal beim Rektor der deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin durch.

Wer tatsächlich an den überlang dahingehaspelten Vorträgen Gefallen findet, darf sich immer noch über die handwerklichen Fehler Bitomskis ärgern. Da ist wiederholt ein Kameraschatten im Bild, mal spiegelt sich das ganze Team in einem Objekt, und selbst Anschlussfehler kriegt Bitomski hin (ein Herr hat plötzlich einen anderen Kittel an), in einem Dokumentarfilm. Das ist schon große Kunst.

Der Film endet recht unvermittelt mit ein paar unkommentierten Aufnahmen auf sich verdichtende Wolken. Wer es vorher noch nicht wusste, kriegt es in Staub dreimal gesagt: Regentropfen und Wolken entstehen um Staubkörnchen herum. Man blickt also am Ende auf diese Wolken und denkt: Toll, da ist jetzt ganz viel Staub drin! Und stellt gleichzeitig fest, dass einem das scheißegal ist.

Man hat diesen Effekt oft bei Filmen, die durch die deutsche Filmförderung entstanden. Den hier haben unter anderem der WDR , arte und die Filmstiftung NRW bezahlt. Also dreimal ich. Ich wär von dem Geld lieber Essen gegangen.

Thomas Friedrich

D 2007 R& B: Harmut Bitomsky. K: Kolja Raschke.