STARLET

Helle Schatten

Ein Girl in L.A. - fast ein Remake von »Eine Dame in Paris«

Neulich traf Jeanne Moreau auf eine sechzig Jahre jüngere Frau, und die Geschichte ihrer Annäherung wurde ein leichtes Drama über das Leben insgesamt. Jetzt trifft eine kalifornische Blondine auf eine verschrumpelte Greisin, und im sonnendurchfluteten Los Angeles tun sich ganz langsam Abgründe auf.

Vom ersten Bild an führt Regisseur Sean Baker uns Teilansichten als Stilprinzip vor. Nur im Anschnitt erwacht Jane, nur von hinten sehen wir sie auf ihrem schmalen Balkon über der großen Stadt, und gar nur den Schwanz sehen wir von ihrem Chihuahua "Starlet". Jane lebt bei einem dauernd bekifften Pärchen und dass alle drei mehr schlecht als recht vom Porno-Business leben, erfahren wir erst viel später. Vorerst will Jane erstmal ihr Zimmer etwas aufhübschen, kauft auf Flohmärkten Dekomaterial zusammen und gerät dabei an eine hübsche Thermoskanne, in der sie zu Hause ein dickes Bündel 100-Dollar-Noten findet.

Ein erster Versuch, ein nettes Mädchen zu sein und das Geld zurückzugeben schlägt fehl, weil die Verkäuferin, die grantige alte Sadie, ihr die Tür vor der Nase zuschlägt. Trotzdem hängt sich Jane an Sadie, zwingt ihr eine Beziehung auf, von der sie selbst noch nicht weiß, was sie lockt. Eine ebenso halt- wie makellose jugendliche Schönheit und eine faltige Alte mit Nippes in jeder Wohnungsecke und Macken an jedem Charakterteil: Fast wirkt es, als rüttele Gretel an dem Haus der Hexe, erst später verrücken sich allmählich die Verhältnisse. Eine Kollegin findet Janes Geld, fast wird noch ein Drama daraus. Starlet ist ein Independent-Film und in solchen wird man nicht glücklich und muss auch nicht erklären, wie so eine nette junge Dame in so ein Geschäft gerät.

Wing

USA 2012. R: Sean Baker B: Sean Baker, Chris Bergoch K: Radium Cheung D: Dree Hemingway, Besedka Johnson, James Ransone, Stella Maeve, Asa Akira