»DIE GESCHICHTE VOM SPITFIRE GRILL«

Brave Herzen

Alle Menschen werden Brüder - oder Grill-Besitzer

Ed Wood ließ seine schlimmsten Filme von den Baptisten bezahlen - und die hatten keine Publicity davon. Die Scientologen haben Phenomemen nicht bezahlt - und haben Publicity bis zum Umfallen. Woraus man schließen kann, daß man gar nichts daraus schließen kann, daß die amerikanische katholische Wohlfahrtsorganisation "Sacred Heart" den Spitfire Grill finanzierte. Die wollte bloß zur allgemeinen Seelen-Sensibilisierung und Spendenförderung eine weltliche Geschichte über gute Herzen. Sie gab dem jüdischen TV-Autor Lee "MacGyver" Zlotoff freie Hand für sein Skript, sie ließ ohne Gewerkschaften und mit preiswerten Schauspielern drehen - und überzog ihr 4 Millionen Dollar Budget dann doch erheblich für eine Film-Musik vom Star-Komponisten James "Braveheart" Horner. Das Ergebnis ist einer der größten kommerziellen Erfolge der letzten Jahre - relativ zum Einsatz. Und kein guter Film, aber ein anrührender.
Auf Robert Redfords "Sundance"-Festival wurde die neuweltliche Variante von Ganghofer meets "Das Lied der Bernadette" vom Fleck weg nach Hollywood verkauft, Columbia-Pictures gab nochmal 15 Millionen für die Werbung aus - und die Welt wird vermutlich eine Handbreit besser durch diesen Film. Nur schade, daß der Film nicht besser ist.
Er erzählt in wunderschönen Naturaufnahmen vom langsamen Übergang des Winters in den Frühling, von der allmählichen Errettung einer sterbenden Kleinstadt, von der Heimkehr eines verschollenen Sohnes - und von dem ungelenken Mädchen Percy (Alison Elliott, eine neue Jodie Foster?), das nach 5 Jahren Knast in der Dorf-Imbiß-Bude einen neuen Anfang machen will.
Leider kann Percy nicht kochen, leider ist die Imbiß-Inhaberin (Ellen Burstyn, nach 30 Minuten krank im Bett und in Top-Form) eine verschrobene Schachtel, und leider ist die Dorfgemeinschaft abweisend mißtrauisch. Aber ganz langsam nähern sich die Menschen einander. Ein jeglicher hat sein Päckchen zu tragen und keiner ist ohne Schuld. Aber bis auf einen lernen alle, wenigstens das Steinewerfen zu unterlassen. Und manche lernen voneinander eine Ahnung vom guten Leben. Die unterdrückte Mutter aus der Nachbarschaft (Marcia Gay Harden, auch eine Freude) bringt Percy das Kochen bei, und die revanchiert sich mit vorsichtig vorgelebter Selbständigkeit jenseits der Dorfnormen.
Dann kommt die Hauptgeschichte: weil keiner den Grill kaufen will, veranstalten die drei Haupt-Frauen einen Wettbewerb: wer 100 Dollar einschickt und die beste Geschichte erzählt, warum er gewinnen sollte, kriegt das Haus geschenkt.
Es hagelt herzzerreissende Briefe aus dem ganzen Land. Zigtausend Menschen haben eine 100-Dollar-Hoffnung auf ein neues Leben im Kleinen. Halb Amerika, scheint es, träumt von einer Rückkehr an den Ofen. Und die ganze Stadt der Verheißung (sie heißt biblisch "Gilead" - und liegt etwa da, wo die indianischen Götter zur Erde stiegen, um den schönsten Fleck der Welt zu besichtigen) liest diese Briefe. Panther und Lämmchen liegen für einen Atemzug lang beieinander, das Eis schmilzt, Schreckschrauben fangen an zu lächeln, verbiesterte Couch-Potatoes treten gerührt in Gottes weite Natur hinaus ... soviel Anfang war nie.
Aber dann kommt das Ende. Ein halbes Dutzend Schicksale überkreuzen sich mit hemmungslosem Sentiment, ein wilder Mann im Wald kommt vor, ein Wasserfall, ein vorgetäuschter Diebstahl der guten Gelder, zerschlagenes und zu spät wieder aufgebautes Vertrauen - und eine Leichenrede des geläuterten Ekels (der Mann der Köchin), die jedem, der ein Herz hat, endgültig die Augen näßt. Schön.
Aber auch schade. Denn wieviel schöner wäre es, hätte Spitfire Grill das handliche Vorurteil widerlegt, nach dem "gut gemeint das Gegenteil von gut gemacht" ist. Spitfire Grill ist tatsächlich weit weniger gut gemacht als gemeint, doch trotzdem: ist das nicht manchmal besser als das Gegenteil?

WING