SPIEL DES LEBENS Jesus wirft Körbe
Spike Lee ist schon wieder unentschlossen Regisseur Spike Lee ist ein bekennender Basketball-Fan und der vielversprechende Prolog von Spiel des Lebens ist ein Liebesgeständnis an die eleganteste aller Ballsportarten. Fließend sind die Bewegungen der Spieler in den Hinterhöfen und Sporthallen. Kunstvoll kreist der Ball am Rand des Korbes entlang, bis er sanft ins Netz gleitet. Nahtlos paßt sich die rasante Schnittfolge dem pulsierenden Rhythmus des Spiels an und zeigt vor allem eins: die Seele dieses Sports ist schwarz. Basketball ist einer der wichtigsten Bezugspunkte schwarzer Identität in den USA, Gegenpol zur kulturellen Hegemonie der Weißen und für viele Afroamerikaner einzige Hoffnung auf eine Flucht aus dem tristen Ghettoalltag. Spike Lee erzählt von einem, dem die Flucht nicht gelungen ist, und von einem, der am Beginn einer ruhmreichen Karriere steht. Eine Geschichte von Vater und Sohn. Jake Shuttlesworth (Denzel Washington) verbüßt eine langjährige Haftstrafe, weil er im Whiskey-Rausch seine Frau versehentlich getötet hat. Er hatte nie das Zeug zum NBA-Spieler, aber all seine Hoffnung hat er in seinen Sohn Jesus (wenig überzeugendes Debüt: NBA-Star Ray Allen) gesetzt und ihn von klein auf mit eiserner Härte trainiert. Seit dem Tod seiner Mutter will Jesus, der inzwischen zum High- School-Basketballstar avanciert ist, nichts mehr von seinem Vater wissen. Ausgerechnet der sportliche Erfolg des Sohnes bietet Jake allerdings die Chance auf eine vorzeitige Entlassung. Ausgestattet mit elektronischen Fesseln wird er für eine Woche auf freien Fuß gesetzt, um seinen Sohn für das Lieblingsteam des Gefängnisdirektors anzuwerben. Spiel des Lebens ist entgegen den Versprechungen der Anfangssequenz kein Basketball-Film. Zwar wird in den Nebensträngen der Geschichte das völlig durchkommerzialisierte Hochschulsportwesen der USA recht treffend karikiert, aber letztendlich ist der Sport nur populäres Mittel zum Zweck. Schon bald konzentriert sich die Handlung auf den Vater-Sohn-Konflikt. Dabei kehrt Spike Lee die ursprünglichen Machtverhältnisse um und läßt den Sohn über das Schicksal des Vaters entscheiden. Wie kürzlich in Smoke Signals des indianischen Regisseurs Chris Eyre, geht es auch hier um die Vergebung der Söhne. Und auch Spiel des Lebens verschenkt seine interessante Ausgangskonstellation schlußendlich an die rührseligen Standards des amerikanischen Familienkinos. Wie in seinen letzten Filmen ( Malcolm X , Girl 6 ) zeigt sich hier wieder das alte Spike-Lee-Dilemma: der Spagat zwischen "Black Cinema" und Hollywood-Kommerz will nur selten gelingen, auch wenn auf der Tonspur "Public Enemy" und das "London Symphony Orchestra" einander geduldig abwechseln.
Martin Schwickert
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