SPANGLISH

Herzensgüte
Eine nette Familien-Satire

Deborah Clasky, von Téa Leoni mit selbstloser Hingabe verkörpert, ist der Prototyp einer überkandidelten amerikanischen Upper-Middle-Class-Mum. Eine Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs, die die darin liegende Macht einzusetzen weiß. Sie ist eine Seelenverwandte von Annette Benings Carolyn Burnham in American Beauty: egozentrisch, verspannt, energiegeladen und auf eine Art kaltherzig, die eher ein Unvermögen als eine Lebensstrategie beschreibt.
Mütter wie diese trifft man in Hollywood-Filmen selten. Leider ist Deborah nicht die Hauptfigur in Spanglish. Die heißt nämlich Flor und ist in allem das Gegenteil einer Mittelklasse-Neurotikerin. Mit ihrer Tochter Cristina (Shelbie Bruce) zog die alleinerziehende Mutter illegal von Mexiko nach Los Angeles und hat sich dort jahrelang in der Latino-Community durchgeschlagen. Als sie bei den Claskys als Hausmädchen anfängt spricht sie immer noch kein Wort Englisch und ist auf die Übersetzungskünste ihrer Tochter angewiesen. Flor ist eine Frau mit Herz, Temperament, Prinzipien und Klassenbewusstsein - und sie wird von der äußerst gut aussehenden spanischen Schauspielerin Paz Vega gespielt, die Penelope Cruz in Hollywood auf dem Latino-Diven-Markt Konkurrenz macht.
Im dysfunktionalen Clasky-Clan wird Flor zur Wohltäterin und zum Katalysator. Nachts näht sie heimlich die Kleider um, die die Mutter ihrer übergewichtigen Tochter absichtlich eine Nummer zu klein gekauft hat. Der unterdrückte Ehemann John (Adam Sandler) wird sich ein wenig in die schöne Mexikanerin verlieben und auch die alkoholsüchtige Großmutter wird die patente Haushälterin schon bald ins Herz schließen.
Die ehelichen Machtverhältnisse stellen die Klischees der Geschlechterdifferenz genüsslich auf den Kopf. Die Überheblichkeit des Mittelklasse-Amerikas wird in treffsicheren Wortgefechten konterkariert, und auch der Mythos der gutherzigen, erdverbundenen Einwanderin wird mit zarter Ironie unterlegt. Nur am Ende hat Brooks seine große Mühe, die verschiedenen Konfliktebenen in ein konventionelles Happy End zu führen - und opfert dafür auch teilweise die Differenziertheit seiner Charaktere.

Martin Schwickert
USA 2004 R&B: James L. Brooks K: John Seale D: Paz Vega, Téa Leoni, Adam Sandler