SOUTH Der große Bruch Ein experimenteller Neo-Noir-Thriller aus Kärnten Helles Licht flutet um ein ätherisches Mädchen in gelb und grün. Es ist irgendwie Sommer und irgendwas ist falsch. Zum Beispiel der Verband um ihr Handgelenk. Schnitt. Gehetzt, vermummt und angeschossen irrt ein junger Mann durch eine triste, abbruchreife Stadtlandschaft und durch schnell wechselnde Bilder in brilliantem Schwarzweiß. Er kommt, so viel reimen wir uns aus ein paar Textfetzen meist im Off zusammen, von einem Bankraub, der schrecklich schief ging. Jetzt ist er auf der Flucht und wird weiter gehetzt von seltsamen Nachrichten auf dem Anrufbeantworter seines Unterschlupfs. Und von einem Tagebuch, das ihm eine Maria per Post dahin schickte. Nanu? Wer ist Maria? Warum hat ein Bankräuberversteck eine Adresse? Und wessen Tagebuch ist das eigentlich? So kann man einen Thriller anfangen, wenn man sich danach viel Mühe mit der Verfolgung, Verwirrung und Entfaltung aller Spuren macht. Oder man ruiniert ihn schon auf den ersten Metern, weil jeder Ansatz von Mitgefühl, Verständnis oder Erwartungshaltung in einer Flut von kunsthandwerklich wertvollen Häckselbildern untergeht. Dabei wissen die beiden Österreicher Gerhard Fillei und Joachim Krenn genau, wie Spannung auch jenseits von Glaubwürdigkeit geht. Kaum hat ihr Held nämlich ein Seelenproblem, weil er mal was mit Maria hatte, und nun in höchster Not die verflossene Geliebte Laut gibt, da basteln sie eine makellos spannende Passage aus ihren rasenden Handkamerabildern. Die Polizei entdeckt den fliehenden Räuber auf den Flughafen-Überwachungs-Kameras und doch schwindelt er sich mit Umziehen auf dem Klo und etwas Haareschneiden heraus. Schnitt. Noch eine Handlungsebene. Ein Klavierhändler in New York kümmert sich rührend um seine Angestellte, die von ihrem Ehemann verprügelt wird. Die trifft nun zufällig auf den gehetzten Helden, der mittlerweile auch noch von Flashbacks geplagt wird, in denen scheinbar eine junge Frau zu Tode kommt. Worüber nun wieder er in Tonband-Protokollen einer psychoanalytischen Sitzung redet. Alles wird immer undurchsichtiger. Der Kunst-Wille ist unübersehbar, die Entschlüsselungslust des Zuschauers sinkt ständig. Man bleibt nur noch dabei, wenn man erfährt, dass Gerhard Fillei und Joachim Krenn hier so etwas wie ihr Lebenswerk vorlegen. Ende der 90er kündigten die unbescholtenen Kärntner ihre bürgerlichen Jobs, kauften sich eine Filmkamera, zogen nach New York und schrieben sich bei einer Filmschule ein. Als die ihnen zu popelig war, wollten sie die Kursgebühren nicht zahlen und mussten ihre als Sicherheit hinterlegte Kamera "befreien". Dann drehten sie einen Kurzfilm mit famosen amerikanischen Darstellern und beschlossen, zurück in Österreich, ihn zu einem abendfüllenden Spielfilm auszubauen. Das dauerte 12 Jahre. Meist fehlte Geld, mal kam ein Darsteller nicht zum Dreh, mal nahm einer zwischen zwei Bildern heftig zu. Davon ist im fertigen Film nichts mehr zu sehen. Das ist eine beeindruckende Leistung, aber auch das Problem. Die ausgefuchste Montage von Handkamera, Traum und Erinnerung glättet die Bruchstücke zu einer Erzählung, die am Ende fast nichts erzählt. Die Figuren sehen toll aus, sind aber nicht ikonisch genug, um ohne eigene Geschichten interessant zu sein. Wing Ö 2009. R + B: Gerhard Fillei, Joachim Krenn K: Joachim Krenn, Jarrod Kloiber D: Matthew Mark Meyer, Claudia Vick, Sal Giorno, Tim Kirkpatrick
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