SOUL KITCHEN Freundliches Bandenwesen Fatih Akin im Interview Fatih Akins Bilder aus einer verlorenen Alternativwelt Ich will mein Gazpacho heiß" nölt Gustav-Peter Wöhler nach etwa einem Filmviertel in einer winzigen Nebenrolle. Der Koch Biro Ünel bedroht ihn wegen der Banauserei mit dem blitzenden Küchenmesser und wird von Peter Lohmeyer als Chef de Cuisine standrechtlich entlassen. Das ist die zentrale Szene des Films, auch wenn Ünel danach nicht sehr oft und Lohmeyer gar nicht mehr auftaucht. In Soul Kitchen treffen sich Schauspieler wie zur Familienfeier, es geht um Essen und Eigensinn, und niemand kriegt, was er für richtig hält. Außer Fatih Akim, der eigentlich schon kurz nach Gegen die Wand eine richtige Komödie drehen wollte und erst fünf Jahre später die Küche auf Temperatur kriegte. Der Deutschgrieche Zinos (Adam Bousdoukos, ein alter Freund Akins und selbst Tavernen-Wirt) betreibt eine Art großer Pommesbude in einer abgerockten Fabrikhalle in Hamburg. Leider schreddert die Spülmaschine sein Geschirr, leider will die Freundin als Auslandskorrespondentin in Shanghai Karriere machen, der einsitzende Bruder (Moritz Bleibtreu) will eine Scheinanstellung, um in den offenen Vollzug zu kommen, das Finanzamt hat da ein paar Fragen, das Leben wird täglich schwerer. Und dann zieht sich Zinos auch noch beim Herumwuchten der schrottreifen Spülmaschine einen Bandscheibenvorfall zu, der ihn ins Humpeln bringt. Sehr schnell mixt Akin seine Zutaten zu einem geschmackssicheren Porträt einer vom Aussterben bedrohten Alternativwelt. Man möchte beinahe in Zinos' Bude Fischstäbchen essen, oder der Band zuhören, die dort proben darf, wenn grad keine Gäste da sind. Man möchte sogar dabei sein, wenn der neue Koch, mit Weisheiten aus dem Food-Fernsehen gutes Essen ausgerechnet bei den Rockern durchsetzt. Aber hier hat sich die stimmige Parabel längst ins unübersichtliche Märchen verabschiedet. Wird Zinos sein Restaurant retten? Wird es nach der Rettung noch seinen Charme haben? Wird er zu seiner Freundin nach Shanghai fliehen? Wird sein lotteriger Bruder die Bude nicht ruinieren? Werden Rotlichtviertel und Fremdkapital in Form von Wotan Wilke Möhring und Udo Kier das Paradies auffressen? Es wimmelt von komischen Szenen, und jeder Gast kriegt sein Kabinettstückchen, etwa Monica Bleibtreu in ihrer letzten Rolle und Jan Fedder als Inspektor vom Gesundheitsamt. Es wimmelt von Szene-Credibility und Gentryifizierungskritik. Hier sehen wir Hamburg, wie es bald nicht mehr sein wird. Und es wimmelt von Akin-Themen, der Musik, dem Culture-Clash, der Reise, der Romantik. Das ist schön. Wing BRD 2009 R: Fatih Akin B: Fatih Akin, Adam Bousdoukos K: Rainer Klausmann D: Adam Bousdoukos, Moritz Bleibtreu, Birol Ünel, Pheline Roggan
|