Sommer in Orange

Guru-Alarm

Eine Baghwan-Truppe unter bayerischen Dörflern

Ein wilder Haufen Kinder und eine Gemeinschaft von orange gekleideten Gleichgesinnten - für die zwölfjährige Lili ist das Leben in der Kreuzberger Sannyasin-Kommune der Himmel auf Erden. Aber dann erbt Siddharta, der derzeitige Lebensabschnittsgefährte ihrer Mutter Amrita, einen Bauernhof in der tiefsten bayerischen Provinz, und ein harter Kern von Bhagwan-Anhängern macht sich auf nach Talbichl, um in dem Dorf ein Therapiezentrum aufzubauen. Plötzlich müssen sich Lili und ihr kleiner Bruder Fabian außerhalb des Ententeiches der Sekte bewähren. Im Klassenraum hängt ein Kruzifix und nicht Bhagwans Konterfei. Die Jungs sind sauber gescheitelt, die Mädchen haben alle Zöpfe, und orange ist hier weit und breit niemand gekleidet.

Während die Erwachsenen in der Kommune Selbsterfahrungsgespräche führen, Urschreitherapien in der Scheune veranstalten und Kombucha-Pilze in der Küche züchten, versuchen die Kinder den Spagat zwischen den Welten. Verzweifelt will Lili sich an den Lebensstil der Eingeborenen anpassen, tauscht die selbst gefärbten Schlabber-T-Shirts heimlich gegen ein fesches Dirndl ein und lässt sich von den Nachbarn zum fleischlastigen Mittagessen einladen, wenn der WG-Kühlschrank wieder einmal leer ist.

Derweil beäugen die Bewohner des Ortes das wilde Treiben auf dem Hof mit zunehmender Skepsis, und als ausgerechnet während des Dorffestes der Unter-Guru der Sekte zur Einweihung des Therapiezentrums anreist, kommt es zum unvermeidlichen Eklat.

Mit Sommer in Orange hat der bayerische Heimatfilmer Marcus H. Rosenmüller (Wer früher stirbt ist länger tot) eine unterhaltsame, aber auch grundharmlose Komödie über den Zusammenprall von konservativen Dorfstrukturen und esoterischem Sektentrubel in Szene gesetzt.

Der Film beruht auf den Kindheitserinnerungen der Drehbuchautorin Ursula Gruber, die mit ihrem Bruder - dem Produzenten des Films - in einer Sannyasin-Kommune südlich von München aufgewachsen ist. In seinen Details über das Leben im Mikrokosmos Bhagwan atmet der Film spürbar gelebtes Leben, auch wenn die Konfliktlinien der bayerischen Culture-Clash-Komödie überschaubar und die Figuren keineswegs klischeefrei über die Wiese der Selbsterfahrung tanzen.

Das Ganze ist nett anzusehen und mit Lust gespielt. Petra Schmidt-Schaller ist als Eso-Braut bestens besetzt, der Österreicher Georg Friedrich auch in der orangen Sektenuniform ein echtes Original. Wie in früheren Filmen wählt Rosenmüller auch hier die Erzählperspektive des Kindes, die einerseits für einen unverstellten Blick auf die Geschichte, andererseits aber auch für eine Komik sorgt, die niemandem wehtun will. Sorgfältig ist Rosenmüller darauf bedacht, weder die bayrischen Dörflinge noch die esoterischen Eindringlinge zu diffamieren.

Martin Schwickert

D 2011 R: Marcus H. Rosenmüller D: Ursula Gruber K: Stefan Biebl D: Amber Bongard, Georg Friedrich, Petra Schmidt-Schaller