WIR WAREN HELDEN Hach, Krieg
Mel Gibson sorgt dafür, dass seine Jungs in Vietnam ordentlich töten Über den Vietnamkrieg kommt Amerika nie hinweg. Nicht nur, weil dieser Krieg so verlustreich verloren wurde und die eigenen Landsleute gegen ihn mobil machten. Sondern auch, weil das militärische Abenteuer der USA in Südostasien mit zunehmender historischer Distanz immer sinnloser erschien und sich nicht für retrospektive Heldengemälde eignete. Allein die filmischen Bewältigungsversuche bilden eine Legion für sich: von Höllentrip-Visionen wie Apocalypse Now über Kubricks brutale Kriegerstudie Full Metal Jacket bis hin zu revanchistischen Phantasien a la Rambo - Vietnam blieb auch im amerikanischen Kino eine offene Wunde. Als wären all diese Filme nie gedreht worden, versucht nun Randall Wallace den US-Soldaten ein Denkmal zu setzen. Wir waren Helden spult zurück an den Anfang Krieges, zeigt wie sich die Soldaten unter Leitung des erfahrenen Colonel Moore (Mel Gibson) auf ihren Einsatz vorbereiten und zeichnet die erste militärische Operation der US-Armee auf vietnamesischen Boden nach, bei der sich 400 GIs im Ia Drang-Tal einer Übermacht von 2000 Volksarmisten gegenüber sahen. Regisseur Wallace liebt die einfachen Kontraste. Den penibel nachgezeichneten Brutalitäten auf dem Schlachtfeld in der Fremde, wird die schöne heile Welt der Soldatenfamilien in der Heimat entgegengestellt. In Wir waren Helden ist die Armeebasis ein warmes Nest, in dem das private Familienglück der Soldaten durch den militärischen Kameradschaftsgeist potenziert wird. Als Patriarch steht Mel Gibson alias Moore mit allen verfügbaren Charisma-Reserven der soldatischen Großfamilie vor. Seinen Jungs spricht er Mut zu und betet sogar mit ihnen. Als eines seiner fünf leiblichen Kinder, die übrigens nur knapp neun Monate auseinander liegen, fragt "Du Papa, was ist Krieg?" erklärt er geduldig, dass einige Leute in einem anderen Land versuchen, andere Leute umzubringen und Papa dort hinfährt, um das zu verhindern. Soweit zur politischen Analyse. Die kleine Tochter bleibt die einzige, die nach dem "Warum" fragt. Alle anderen ergeben sich in ihr Schicksal und ziehen ohne Murren und Knurren in den 12.000 Meilen entfernten Krieg. Hier auf dem Schlachtfeld ist auch Regisseur Wallace, der sich bisher als Drehbuchautor von Braveheart und Pearl Harbor einen zweifelhaften Ruf aufgebaut hat, in seinem Element. Während die zwischenmenschlichen Szenen mit all ihrem lästigen Dialogmaterial im stocksteifen Pathos erstarren, herrscht in den ausgedehnten Kampfsequenzen höchste Mobilmachungsstufe. Bis zu elf Kameras stürzen sich gleichzeitig ins Getümmel, um das Blutbad aus allen erdenklichen Perspektiven abzufilmen. Hubschraubereinsätze, Bombenteppiche, abgerissene Gliedmaßen, Kopfschüsse und Blutfontänen - wieder einmal wird hier unter dem Deckmantel des Realismus der sadistischen Schaulust freien Lauf gelassen. Wie viele schlechte Filme beruht auch Wir waren Helden auf einer wahren Geschichte, die der echte Colonel Moore zusammen mit dem Kriegsberichterstatter Joseph L. Galloway niedergeschrieben hat. Regisseur Wallace hat die Scheuklappen-Perspektive der beiden Krieger absolut kritikfrei übernommen und ein Heldengemälde mit schwerem politischen Gedächtnisverlust auf die Leinwand gewuchtet, dessen allgemeinpazifistisches Schlusslamento nach 120-minütigem Blutpathos dann doch etwas unglaubwürdig daherkommt.
Martin Schwickert
We were soldiers. USA 2002 R & B: Randall Wallace K: Dean Semler D: Mel Gibson, Madeleine Stowe, Greg Kinnear
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