DEM HIMMEL SO FERN Hinter der Fassade
Die falsche heile Welt der Eisenhower-Jahre Cathy Whitaker strahlt. Sie hat zwei reizende Kinder, einen erfolgreichen Ehemann und ein beneidenswert hübsches Zuhause. Was fordert eine amerikanische Frau in den 1950ern mehr? Alles läuft perfekt. Sogar die Zeitung schaut vorbei, wie die Vorzeige-Hausfrau alles so makellos unter Kontrolle hält. Dass nicht alles kontrollierbar und die glatte Oberfläche nur Makulatur ist, realisiert Cathy, als sie ihren Ehemann eines Abends bei seinen Überstunden mit einer Mahlzeit überraschen will. Erschrocken stellt sie fest, dass ihr Ehemann die angebliche Arbeitszeit für Schäferstündchen mit anderen Männern nutzt. In ihrer Verzweiflung bändelt Cathy daraufhin zaghaft mit dem schwarzen Gärtner an. Ein gesellschaftlicher Eklat ist die Folge. Cathy scheint der gesellschaftlichen Hölle sehr nah. In Dem Himmel so fern hat sich Regisseur Todd Haynes nach Velvet Goldmine erneut einem melancholischen Stilrausch ergeben. Waren im Vorgänger die schrillen Siebziger noch ironisch abgesegnet, verbeugt sich Haynes in seinem neuen Film vor den Fünfzigern bis hin zur letzten Serviettenfalte. In Länge, Technik und Komposition empfindet er die Genrekonventionen der Eisenhower-Ära nach. Die Farben brillieren in Technicolor, die Protagonisten in scheinheiliger Harmonie. Konflikte werden hinter geschlossenen Türen, mit verschlossenen Lippen und hinter versteinerten Lächeln ausgetragen. Julianne Moore und Dennis Quaid überzeugen dabei mit traumwandlerischer Sicherheit als ein Dream-Team, das keines ist. Zu Recht wurde Moore für diese Rolle für den Oscar nominiert. Der Plot ist eine Neuinterpretation des Douglas-Sirk-Melodrams Was der Himmel erlaubt von 1956 - ein Regisseur, dem bereits Fassbinder und Ozon ( 8 Frauen ) huldigten. Haynes entdeckt mit Sirk die Langsamkeit im Kino wieder, erzählt eine altbackene Geschichte, deren Konfliktpotenzial von heutigen Soap-Operas weit übertroffen wird. Aber gerade die vorsichtige Entschälung der Geschichte macht Dem Himmel so fern wohl zum besten Melodram, das dieses Jahr zu sehen sein wird.
Ulf Lippitz
Far From Heaven US 2002, R/B: Todd Haynes, K: Ed Lachman, D: Julianne Moore, Dennis Quaid, Dennis Haysbert
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