SLUMDOG MILLIONAIRE

Alles wird gut

In Danny Boyles »Slumdog Millionaire« vereinen sich Hollywood un Autorenkino, Mainstream udn Independent Cinema. Selbst die knöcherne Oscar-Academy war beeindruckt

Slumdog Millionaire - das ist Überwältigungskino. So viel Energie, Schrecken, Romantik, Elend und Lebenskraft hat man lange nicht mehr auf der Leinwand gesehen. Wie im Rausch rollt der Film über sein Publikum hinweg, reißt es mit sich, lässt ihm die Augen übergehen, ohne es mit der brachialer Blockbuster-Gewalt zuzudröhnen.

Der Film beginnt in einer TV-Show. In der indischen Version von "Wer wird Millionär" hat es der 18jährige Jamal (Dev Patel) bis zur letzten entscheidenden Runde gebracht. Zwanzig Millionen sind im Jackpot, und das ganze Land fragt sich, wie es ein armes, dummes Würstchen wie Jamal so weit hat bringen können. Kurz vor dem Finale holt ihn die Polizei ab, verhört, schlägt und foltert den unbedarften Quiz-Star, um heraus zu finden, ob er gemogelt hat. Frage für Frage geht der Inspektor mit ihm durch und weil bei Jamal jede Antwort mit einem eindringlichen Erlebnis aus seinem wendungsreichen Leben verbunden ist, fächert sich während des Verhöres langsam die ganze Biografie des jungen Mannes auf, der sich als Waisenkind mit seinem Bruder durch die indische Armutsgesellschaft gekämpft hat.

Mosaikartig setzt sich beim Gang durch Kindheit und Jugend die Geschichte eines tragischen Bruderzwistes und einer hochromantischen Liebe zusammen. Der ältere Bruder Salim landet bei der Mafia und Latika, der Jamal seit seiner Kindheit die Treue hält, wird ins Rotlichtmilieu verkauft.

Hautnah legt Boyle sozialen Realismus, Shakespeare'sche Wucht und sinnliches Bollywood-Kino nebeneinander und erzählt die schlichte Geschichte des wundersamen Aufstiegs des Outcasts mit maximalem visuellen wie dramatischen Gewinn und einem grandiosen Soundtrack des indischen Musicalkönigs A. R. Rahman.

Mit dem Oscarregen für Slumdog Millionaire hat die Academy sowohl die cineastischen Qualitäten gewürdigt als auch die optimistische Botschaft. Der Film wirft sich mitten hinein in die globalisierte Gesellschaft, verbindet Hollywood und Bollywood mit leichter Hand, internationalisiert den amerikanischen Traum vom Aufstieg eines Habenichts und versüßt seine spannende Geschichte mit einem hochromantischen Happy End, das zu den verdientesten der Filmgeschichte gehört.

Martin Schwickert

USA 2008. R:Danny Boyle B: Simon Beaufoy nach dem Roman von Vikas Swarup K: Anthony Dod Mantel D: Dev Patel, Freida Pinto, Madhur Mittal