SLEEP TIGHT

Phantom der Mieter

Jaume Balagueró ruiniert den Ruf des Hausmeisters

Der einsame Mann im grauen Kittel schlurft durch so viele Schauer-Filme, dass es längst den Lexikon-Eintrag "Hausmeister-Horror" geben sollte. Und Juan Balagueró hat sich mit seinen Rec.-Filmen derart nachdrücklich ins Genre-Stammbuch geschrieben, dass ungewöhnliche Blickwinkel und viel Blut zu den Standarderwartungen gehören. Nach zwei Pseudo-Doku-Schockern aus einem Madrider Appartement-Haus kehrt Balagueró scheinbar wieder an den selben Ort zurück. Und fängt mit einem Mann an, der vom Dach springen will, weil er keinen Sinn im Leben findet. Schon in der nächsten Szene aber erwacht er neben einer schönen Frau im Bett, streichelt sie, ohne sie zu wecken, und geht zur Arbeit. Er ist Hausmeister, dienstbarer und unsichtbarer Geist für seine Mieter, deren Leben er so gut kennt wie ihre Küchenspülen und quietschenden Scharniere.

Für jeden hat er ein nettes Wort, hält die Haustür auf, legt die Morgenzeitung zurecht und ist dabei todunglücklich. Balagueró verschwendet keine Zeit auf Psychologie: In der nächsten Nacht liegt der Hausmeister unter dem Bett der schönen Frau, wartet, bis sie einschläft und ... nein, Blut kommt noch lange nicht. Erst verwickelt sich Hausmeister César immer tiefer in seine Obsessionen und wachsende Bedrohungen. Ein Mieter ist unzufrieden mit ihm und forscht bei früheren Arbeitsstellen nach. Ein junges Mädchen ist frech zu ihm und scheint etwas zu wissen. Und Clara, die Schöne der Nacht, ist tagsüber geradezu aufreizend lebenslustig, auch wenn sie neuerdings über Kopfschmerzen klagt.

Weil die Erzählung streng bei César bleibt, fühlen wir uns mit ihm verfolgt von der unbarmherzigen Umwelt, entwickeln gar selbst einen Stalker-Tick und haben ein perverses Vergnügen daran, wenn sich der von Clara und ihren Liebhaber ertappte Schuldige trickreich aus der Bredouille schwindelt. Aber er ist ein Monster.

Mit kalkulierter Präzision treibt Balagueró seinen freundlichen Verrückten zu immer komplizierteren Versuchen, alle um ihn herum so unglücklich zu machen, wie er selbst schon ist. Vor allem Clara, die unverwüstliche, die nicht mal eine Kakerlakenplage nachhaltig verstört.

Der geheime Verehrer, der irgendwo unerkannt in der Nähe haust und seine Zuneigung nur maskiert und zunehmend gewalttätig deformiert ausdrücken kann, ist seit dem "Phantom der Oper" eine feste Horror-Figur. Hausmeister César ist sein legitimer Erbe, ein depressives Würstchen, das ganz allein gegen alle kämpft. Und am Ende sogar auf ein äußerst brutales Blutbad noch einen noch tiefer treffenden Schrecken setzen kann.

Wing

Mientras duermes. Spanien 2011. R: Jaume Balagueró B: Alberto Marini K: Pablo Rosso D: Luis Tosar, Marta Etura, Alberto San Juan, Pep Tosar