LISSI UND DER WILDE KAISER

Glatt gelacht

Als Zeichentrick-Irre sind Bullys Sissi-Charaktere nur halb so witzig

In der TV-Show Bullyparade hat Michael "Bully" Herbig mit seinen Sketchfolgen erfolgreich die eigene Fernsehsozialisation verarbeitet. Von den Karl-May-Verfilmungen über Raumschiff Enterprise bis hin zu den "Sissi"-Filmen wurde alles verballhornt, was eine deutsche Fernsehkindheit in den späten Siebzigern so ausmachte.
Und die Kinoversionen von Der Schuh des Manitu und (T)raumschiff Surprise entwickelten sich an den deutschen Kinokassen mit jeweils über 10 Millionen Zuschauern zu superlativen Überraschungserfolgen.
Nun bringt Herbig mit Lissi und der wilde Kaiser seine Verballhornungstrilogie zum Abschluss. Die alten "Sissi"-Filme mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm halten sich seit den fünfziger -Jahren beharrlich im deutschen Popkultur-Gedächtnis, und das harmoniesüchtige Ränkespiel am österreichischen Hof eignet sich bestens zur Persiflage.
Hatte sich Herbig im Fernsehen selbst als "Sissi"-Reinkarnation ins kaiserliche Rüschenkleid gezwängt, weicht er in der Kinoversion auf Trickfiguren aus. Für die Fans der Fernseh-Sketche ist das sicherlich eine herbe Enttäuschung, auch wenn die 3D-Figuren den TV-Charakteren von Herbig, Christian Tramitz und Rick Kavanian nachempfunden wurden. Mit dem Transfer ins Reich der Computeranimation gehen aber nicht nur die "personality"-Effekte verloren, sondern auch die Schrulligkeit und der Charme des Unvollkommenen, die zum Markenzeichen der Bully-Filme gehören.
Der Vorteil an einem Animationsfilm ist natürlich, dass man als Filmemacher alles machen kann, was einem in den Sinn kommt. Aber in diesem Fall wären die Grenzen der Machbarkeit vielleicht hilfreicher gewesen, als die Versuchungen im Land der unendlichen Pixelmöglichkeiten. Der Yeti etwa, der als Entführer der Kaiserin zum zentralen Handlungsträger wird, gehört zu den eher verzichtbaren Trickfilm-Einfällen, zumal der Schneemann aus dem Himalaja dann doch zu sehr dem amerikanischen Vetter aus Shrek nachempfunden wurde.
Obwohl sich das kaiserliche Paar beim täglichen Regieren und "Pannieren" im Park ganz köstlich amüsiert, genießt die schöne Lissi die abenteuerlichen Erfahrungen an der Seite des Entführerbiestes. Das bringt den guten Franzl in Rage und führt zum Showdown im Schloss des depressiven bayrischen Königs.
Die Anfangsszenen bei Hofe, in denen sich Lissi und Franzl mit Mozartkugel-Golf und ähnlich bizarren Liebesspielen verlustieren, überzeugen weit mehr als der abgegriffene Entführerplot, der nachfolgend die Gag-Parade zusammenhalten soll. Auch die graphische Gestaltung , die vor der konsequenten Karikatur zurückschreckt, hätte man sich origineller vorstellen können.
Wenigstens auf der Tonspur herrscht überzeugende Ausgelassenheit, weil hier durchschimmert, was dem Animationsspektakel ansonsten fehlt: Die persönliche Präsenz der Akteure.

Martin Schwickert

R: Michael Bully Herbig B: Michael Bully Herbig, Alfons Biedermann mit den Stimmen von Michael Bully Herbig, Christian Tramitz, Rick Kavanian, Lotte Ledl


Das Interview zum Film